MEMI Hardware-Test

 

Roland JD-990

PCM-Synthesizer

 

"Roland baut endlich wieder Synthesizer!", so begann der Testbericht des JD990 damals in der Zeitschrift Keyboards ... Das ist jetzt natürlich schon einige Jahre her, und heute ist ein richtiger Synthesizer nichts Besonderes mehr, denn reine Romplayer sind doch schon einige Zeit nicht mehr in Mode. Was aber bietet der JD990 nun eigentlich? Naja, das lässt sich nicht so leicht in ein paar Worten erzählen. Ich weiß gar nicht so recht, wo ich anfangen soll ...

Sehen wir ihn uns einmal genau an

Als erstes fällt einem das recht groß geratene Display (80 * 320 Zeichen, grafikfähig) auf. Das deutet schon einmal auf eine angenehme Bedienerführung hin. Ach ja, für alle, denen das noch nicht aufgefallen ist: Der JD990 ist ein Rackmodul. Er wird auch als Rackversion des JD800 gehandelt, aber das entspricht nicht ganz der Wahrheit, gewisse ähnlichkeiten sind jedoch vorhanden. Hier befindet sich wirklich alles, was man braucht an der Vorderseite, also auch Kopfhörerausgang, Ein/Aus Schalter und natürlich die üblichen Dinge wie Funktionstasten, Data-Entry-Wheel, Cursortasten, Card Slots und noch einiges mehr, auf das ich dann später noch näher eingehen werde. Anf der Rückseite tut sich auch noch so einiges: Die üblichen drei Midi-Buchsen sind natürlich ebenso vorhanden wie der Anschluss für das Netzkabel. Auch hier zeigt sich Roland tranditionsbewuát, denn wer sein Kabel mal eben nicht finden kann, der nimmt einfach das seines elektrischen Rasierapparates ...

Sehr studiofreundlich sind die drei Stereo-Einzelausgänge nebst einem Mix-Out, bei dem jene Töne heraussprudeln, die die interne Effekteinheit durchlaufen haben. Es ist also nicht möglich, bereits mit Effekten angereichterte Signale über die Einzelausgänge zu schicken.

Wie klingt er?

Diese Frage lässt sich mit zwei Worten beantworten: SEHR GUT! Sein Klang ist absolut klar, kein Rauschen, keine schlecht geloopten Samples oder sonstige Unzulänglichkeiten beim Sound sind zu erkennen. Das ist wohl auch der Grund, warum sich der JD nach wie vor großer Beliebtheit erfreut, sowie für seinen, leider immer noch sehr hohen, Gebrauchtmarkt-Preis. Den wohl größten Nachteil möchte ich hier natürlich auch nicht verschweigen: Der JD hat nur 24 Stimmen. Das schließt ihn als "Mädchen für alles" schon einmal aus (außer man hat die Möglichkeit, mehrere Spuren einzeln aufzunehmen, und so die Stimmenanzahl zu vervielfachen). Leuten, die sich ihren ersten Synthesizer anschaffen und ganze Arrangements damit machen wollen, kann ich den JD nicht empfehlen. Nur, wer schon wenigstens einen Synth mit zumindest 32 Stimmen besitzt, wird am JD seine Freude haben.

Aufbau

Für die Sounds sind die Abteilungen Preset A, Preset B, Internal und Card vorhanden. Letzteres natürlich nur, wenn auch eine DataCard im Schacht steckt. Organisiert ist alles, wie bei Roland ja schon lange üblich, in 8 Banken zu je 8 Patches. Somit stehen also 64 Speicherplätze für selbst kreierte Klänge bereit. Zu jeder Soundabteilung gibt es noch ein passendes Drumset. Bei Drumsets zeigt sich der JD990 übrigens recht flexibel, denn diese können sehr weitreichend editiert werden. Umso verwunderlicher ist es, dass nur ein einziger Speicherplatz für ein selbst gestaltetes Drumset vorhanden ist. Mit einer DataCard kann man den Drumsetspeicher um sage und schreibe einen ganzen Speicherplatz erweitern! Also da hätte ich mir schon etwas mehr Weitsicht seitens der Entwickler erwartet.

Ein Patch kann nun aus bis zu vier Voices bestehen, wobei eine Voice mehr oder weniger dem Standardaufbau eines Synthesizers entspricht: Ein Oszillator gibt eine Wellenform aus dem Rom wieder und diese wird dann durch ein Filter und einen Verstärker geschickt. Beeinflusst wird das noch durch drei Hüllkurven, die Pitch, Filter und Verstärker fest zugeordnet sind und 2 LFOs, deren Wirkung man beliebig aufteilen kann. Nun gut, hier scheint alles ganz normal zu sein, so wie man es schon von vielen anderen Synthesizern her kennt. Was ist nun das Besondere am JD990?

Das beginnt schon bei der Auswahl der Wellenformen, denn hier gibt es jede Menge Synthetisches und nicht nur Samples von irgendwelchen Geigen, Trompeten und Flöten. Die Wellenformen hier aufzuzählen würde aber zu weit führen. Ausserdem kann man sich unter den Namen oft sowieso nicht viel vorstellen. Einen wirklichen Leckerbissen stellen die Filter dar, von vielen auch als Herzstück eines Synths bezeichnet. Hier erwartet die Wellenform ein im wahrsten Sinne des Wortes "einschneidendes" Erlebnis. Doch trotz ihrer Fähigkeit, ein Signal bis zur Unkenntlichkeit zu verändern, klingen die Filter absolut rein und klar. So nebenbei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Typen Hoch-, Band- und Tiefpass zur Auswahl stehen. Alle mit Resonanz, versteht sich! Ansonsten kann man auf der FilterPage die üblichen Dinge wie Cutoff Key Follow (Tracking), Envelope Depth, Velocity Sens, Time-Velocity Sens und Time Key Follow einstellen. Wer sich wundert, dass der Parameter Velocity Sens keine Wirkung zeigt, dem sei gesagt, dass sich dieser auf die Level-Werte der Hüllkurve bezieht. Also nur bei einem Envelope Sens Wert ungleich Null kann die Anschlagstärke die Filter beeinflussen.
Die Filterhüllkurve besteht aus 4 Levelwerten und 4 Timewerten. Zu erwähnen ist hier nur, dass es sich bei den Zeitangaben wirklich um solche handelt, und nicht wie bei einigen anderen Synthesizern um Winkelangaben. Die Hüllkurven für Pitch und Amp sind sehr ähnlich aufgebaut, daher werde ich sie nicht mehr genau beschreiben.

Kommen wir nun zum Verstärker (Amp): Der Levelwert stellt natürlich die Lautstärke der Voice dar. Eine Panoramahüllkurve gibt es leider nicht. Die hätte ich bei einem professionellen Gerät wie dem JD eigentlich schon erwartet. Das Panorama kann also nur statisch eingestellt werden. Ausnahmen bilden nur der Wert Alt-R und Alt-L. Dabei wird nach jeder Note die Stereoposition gewechselt, also einmal links und einmal rechts. Mit Pan Key Follow kann man die hohen Töne auf die linke und die tiefen Töne auf die rechte Seite verbannen, oder umgekehrt. Ansonsten gibt es hier noch die üblichen Velocity Sense und Time Werte wie bei den Filtern.

Was feht jetzt eigentlich noch? Ah ja, genau, fast hätte ich es vergessen: Die LFOs sind auch nicht ohne, weshalb ich hier noch genauer auf sie eingehen will. Als erstes findet man in dieser Abteilung natürlich die üblichen Wellenformen wie Dreieck, Sinus, Sägezahn, Rechteck, Trapez, Sample and Hold und Random. Diese kann man nun in einer Geschwindigkeit von 0-100 ablaufen lassen. Weiters gibt es den gewohnten Delay-Parameter, der das Einsetzen des LFOs verzögert. Schon etwas ungewöhnlicher ist der Parameter 'Fade'. Mit diesem kann man den LFO langsam ein- oder ausschwingen lassen. Praktisch ist auch, dass man KeyTrigger abschalten kann. So etwas gab es ja bis dahin nur bei analogen Synthesizern. Das Beste kommt aber noch: Die eingestellten LFOs werden, inklusive Delay und Fade, grafisch auf dem Display dargestellt. Da macht das Editieren auch ohne Software-Editor Spaß!
Wie schon zuvor bemerkt, beeinflussen die LFOs auf Wunsch Pitch, Filter und Amp.

Effektiv?

Ja was ist denn nun der Haken an der Sache ..? Sicher das Effektgerät ... oder doch nicht? Nein! Definitiv nicht. Auch hier haben die Entwickler ganze Arbeit geleistet, vor allem, wenn man bedenkt, dass eingebaute Effektgeräte eher als Dreingabe gehandelt werden und meist das erste sind, was im Studioalltag abgeschaltet wird. Was wird hier nun geboten? Erst einmal ist die Effekteinheit in die Gruppen A und B unterteilt. Erstere beinhaltet Distortion, Phaser, Spectrum (Equalizer) und Enhancer. Die Gruppe B umfasst nun das Übliche wie Reverb, Delay und Chorus. Beim Delay gefällt mir besonders gut, dass man auch Notenwerte angeben kann und sich die Delay Time somit perfekt an das Songtempo anpasst. Dass man die einzelnen Effektblöcke je nach belieben in der Reihenfolge verschieben kann, versteht sich von selbst :-)
Ach so, noch was: Die meisten Parameter der Effekteinheit lassen sich natürlich per MIDI-Controller steuern. Etwas anders verhält es sich mit den Effekten im Performance-Modus, aber dazu im nächsten Teil ...

Performance

Viele werden es ohnehin schon wissen. Damit bezeichnet Roland den Multimode seiner Synthesizer. Eigentlich gibt es hier nicht wirklich etwas besonderes, 8 Parts, die je nach Belieben den Einzelausgängen und Midikanälen zugewiesen werden können, sowie die Effektzuweisung findet man hier, wie nicht anders erwartet. Letztere geschieht folgendermaßen:
Man stellt den gewünschten Effekttyp ein, wobei REV (Reverb), C+R (Chorus und Reverb) sowie D+R (Delay und Reverb) möglich sind. Warum die bei Roland nicht daran gedacht haben, dass ein Modus D+C (Delay und Chorus) durchaus brauchbar wäre, ist mir allerdings nicht klar, aber mit dieser Einschränkung muss man wohl leben. Zum jeweiligen Effekttyp kann man jetzt noch einen Send Level zwischen 0 und 100 angeben, und das war's auch schon. Aufmerksamen Lesern wird vielleicht aufgefallen sein, dass ich den Effektblock A (Distortion, Phaser, Equalizer und Enhancer) nicht angesprochen habe. Richtig, Block A scheint im Performance-Modus nicht auf. Der auf Part I eingestellte Sound behält einfach seine Effekteinstellungen bezüglich Block A, und damit hat sich's. Eigentlich schade, dass man somit z.B. kein Drumset mit Phaser-Effekt programmieren kann ...

... das ist nun eine prima Überleitung auf mein nächstes Thema (danke Verona!) denn das

Drumset

Dies ist wirklich eine große Stärke des JD990. Hier ist es wiederum sehr schade, dass es nur einen einzigen Speicherplatz für ein selbst gestaltetes Set gibt. Aber genug genörgelt! Was wird hier nun geboten?
Wie bei Drumsets üblich kann man jeder Taste einen Sound zuordnen. Gut, das ist nichts Neues. Was aber durchaus zu Freudensprüngen verleitet, ist die Tatsache, dass man bei jedem Sound wirklich alle Parameter zur Verfügung hat, also auch Filter, Hüllkurven und so weiter. Der Block B des Effektgerätes steht dann auch noch bereit, um die Drumsounds (auf solche ist man hier natürlich nicht beschränkt, vielmehr kann man alle Samples verwenden) mit Hall, Delay und Chorus anzureichern. Die Zuweisung der Effekte geschieht vom Prinzip her genauso wie im Performance Modus.

Fazit

Es gibt ja heutzutage wirklich kaum mehr einen Testbericht ohne Fazit. Warum eigentlich? Was hat ein Fazit für einen Sinn? Also einerseits erspart er es faulen Lesern, den ganzen Bericht zu lesen, und andererseits kann man sein Gedächnis nochmal auffrischen falls man irgend etwas wichtiges aus dem Inhalt des Berichtes schon wieder vergessen hat. Was nun die faulen Leser betrifft, so habe ich nicht vor, die zu unterstützen und pflege lieber meine eigene Faulheit, indem ich einfach das Fazit weglasse ... die vergesslichen sollen mal brav alles nochmal lesen und in Zukunft vielleicht etwas vorsichtiger im Umgang mit Alkohol sein :-))


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Autor: Thomas Polaschek Ein Service von MEMI.