MEMI Software-Test

 

Wizoo Darbuka & Latigo

Ethnic Percussion Plug-Ins

 

Hersteller/Vertrieb Art der Software erhältlich für Preis
Wizoo Virtuelles Percussioninstrument Win XP: VST € 199,-
  für arabische/lateinamerik. Grooves Mac OS X: VST/RTAS/AU je EUR 299,-

 

Die Ethnic Percussion Wizards

Da saß ich letztens bei meinem Lehrmeister in Sachen türkischer Fretlessgitarre in Istanbul im Studio, noch einen Apfeltee trinken nach getaner Arbeit, und blätterte durch ein türkisches Keyboard/Studioequipmentmagazin. Von dem, was dort geschrieben stand, verstand ich nur Bahnhof, doch ein Bericht sagte auch ohne Worte alles: Abgebildet war ein Screenshot von „Darbuka“, dem neuen virtuellen Instrument von Wizoo. Ich liebe arabische Musik und daher natürlich auch die in diesem Raum verwendeten Percussioninstrumente und Rhythmuspatterns, und deshalb merkte ich auf. Als dann mein türkischer Kollege übersetzte, wie euphorisch der Testbericht, immerhin in einer Publikation aus einem der Ursprungsländer der in Darbuka integrierten Rhythmen, über dieses Plug-In urteilte, war meine Neugier endgültig geweckt. Und kurz nach meiner Rückkehr hatte ich die Chance, das arabische Groovewunder und seinen lateinamerikanischen Bruder „Latigo“ auf Herz und Nieren zu testen.

Die beiden Wizoo-Perkussionisten sind keine Standalone-Programme, deshalb müssen sie in einen VST (Windows) oder VST, AU oder RTAS unterstützenden Host eingebunden werden. Die Installation geht in mehreren Schritten vonstatten. Nach der Installation des eigentlichen Plug-Ins empfieht sich für Logic User das Herunterladen eines Patches, das die Funktionalität mit dem Hostprogramm sicherstellt. Der nächste Schritt ist das manuelle Kopieren der jeweils 2 Gigabyte großen Sample-Library an den Ort Ihrer Wahl – der Einfachheit halber hätte man dies vielleicht auch mit dem Installer lösen sollen, gerade für nicht so erfahrene Benutzer. Danach muss man in diesem kopierten Datenordner ein kleines Programm starten, damit Darbuka und Latigo den Ordner mit ihren Daten finden. Nun muss das Produkt noch registriert werden, indem das umgehend per E-Mail eintreffende Freischalt-File im jeweiligen Datenordner gespeichert wird.

Nach dieser Prozedur wird man entschädigt, um es gleich mal vorweg zu nehmen, mit feinsten Percussionsamples, lebendigsten Grooves (gespielt von Meistern ihres Fachs) und einer unübertroffen intuitiven Bedienbarkeit. Man kann weitreichenden Einfluß darauf nehmen, wie das Endresultat klingt, und zwar sowohl vom Spielstil wie auch Eingriffen in den Sound. Wie hat man sich also Darbuka und Latigo vorzustellen? Hier erst einmal ein Screenshot von Darbuka mit seinem an das Innere einer Moschee erinnernden Bedienfeld:

Darbuka GUI

Hier sieht man im Wesentlichen schon, wie das Ganze funktioniert: Man lädt einen Style (der ein ganzes Percussionensemble umfasst) oder auch nur den Style eines einzelnen Instruments. Sortieren lassen sich die Styles nach Name, Region, Tempo (von 75 bis 130 bpm) oder Taktart (von 2/4 bis 13/8; es ist also auch etwas für Rhythmusabenteurer dabei!). Die einzelnen Instrumente sind in der Mitte unten dargestellt (Bendir ist hier z.B. gemutet und daher dunkler dargestellt), darunter eine pianoartige Grafik, mit der (alternativ zu einem Midi-Keyboard) die Loops gestartet und gestoppt werden können. In jedem Style gibt es einfache und kompliziertere Patterns und Fills. Global eingestellt werden können die Geschwindigkeit, wieviele Variationen gespielt werden sollen („Variance“), wie „tight“ das Ensemble spielt, ob quantisiert oder mit „Swing“, welche Instrumente in bestimmten Frequenzen aktiv sein sollen und die Hall-, EQ- und Dynamikcharakteristika. Mit dem XXL-Button werden qualitativ höherwertige Samples verwendet – wobei auch die standardmäßigen Sounds schon einen extrem guten, vollen Klang mit viel Druck haben. Vielleicht sollte beim Aufrufen eines neuen Patterns ein Dialog mit Möglichkeit zum Speichern erscheinen, wenn man das vorherige Pattern verändert hat, so dass man nicht aus Versehen seine Änderungen verwirft.

Desweiteren gibt es noch einen Editor für komplette Patterns und, darunter, für die einzelnen Percussioninstrumente; hier in Latigo:

Latigo Editor

Oben ist die Belegung der einzelnen Patterns sichtbar, mit der auch Parts ausgetauscht werden können. Ein witziges und effektvolles Feature weiter unten: die Complexity, von einfach bis zum Meister auf dem jeweiligen Instrument. Mit Decay lassen sich ziemlich verfremdete Sound erreichen. Doch Darbuka und Latigo sind eigentlich dazu geschaffen, authentische Grooves zu liefern – als gutklingender „Ersatz“ für hierzulande schwer zu findenden Percussionensembles. Hier kommt ein besonders ausgefuchstes und leicht zu bedienendes Feature zum Tragen – die Mix-Page:

Darbuka Mix Page

Hier lassen sich die Instrumente wie auf einer Bühne im Stereospektrum positionieren, weiter vorne und hinten und somit lauter und leiser machen, mit noch mehr Punch versehen, man kann individuell Hall zumischen und einen einfachen Equalizer zuschalten. Bei den Patterns sind auch Parameter konfigurierbar, z.B. ob ein Part also normaler Groove oder als Fill (nur eintaktig und mit darauf folgendem Wechsel zum vorherigen Pattern) funktionieren soll. Somit sind sehr interessante Eingriffsmöglichkeiten in den Sound gegeben, und aufgrund der Vielfältigen in jedem Style enthaltenen Patterns und der Möglichkeit, die Dichte der Variationen und das Timing zu beeinflussen, hat man mit Darbuka und Latigo in der Tat zwei sehr vielseitige, aus zwei völlig verschiednenen Erdteilen stammende „virtuelle Perkussionisten“ zur Verfügung.

Die Anzahl der Stimmen – also der gerade „spielenden“ Percussioninstrumente – hat keine große Auswirkung auf die benötigte Prozessorleistung. Anders sieht es bei den Parametern „Ambience“, „Equalizer“ und „Dynamics“ in der „Play“-Section des Darbuka bzw. Latigo aus: Beim Anschalten derselbigen kann der Prozessoranzeige z.B. in Ableton Live schon mal um 20% nach oben schnellen – was nicht weiter überrascht, denn die Klangqualität dieser internen Klangformer kann sich durchaus hören lassen. Auf meinem 867Mhz G4 PowerBook brauchte eine Instanz des Darbuka in Ableton Live also Hostprogramm unanbhängig vom gerade gewählten Style oder Pattern ca. 30% CPU-Leistung.

Die beiden Wizoos können natürlich auch mit Controllern und anderem Midi-Equipment gesteuert werden. Besonder praktisch fürs Muten einzelner Stimmen bzw. Instrumente gerade für Live-Anwendungen. Die Darstellung der Tasten im Pianoeditor kann ebenfalls durch Hervorhebung verändert werden. Darüber hinaus sind Darbuka und Latigo Multi-Output-Fähig.

Die stabile Performance und das originelle Userinterface (an welchem es sich angenehm arbeitet und das die Bedienbarkeit sehr leicht macht) verdienen extra Lob. Insgesamt sind diese Plug-Ins ein Muß für alle, die Musik mit ethnischen Percussioninstrumenten produzieren – entweder für Layoutzwecke oder, aufgrund des exzellenten Sounds und Preis/Leistungsverhältnis beider Instrumente, durchaus als vollwertiger Ersatz für Live-Musiker. Einziger Kritikpunkt ist der etwas umständliche Installations- und Registrierprozess; dies gilt jedoch nur für die Mac-Version – auf dem PC wird alles mit einem Installer erledigt.

Nach diversen virtuellen Drummern war es an der Zeit, dass auch solch ein gut klingendes, nützliches Instrument für Percussioninstrumente auf den Markt kommt, und Wizoo und die für diese Packages verantwortlichen Musiker haben großartige Arbeit geleistet. Was kommt als nächstes? Updates mit weiteren Sounds für registrierte User? Ein indisches Instrument ähnlicher Machart? Lassen wir uns überraschen und genießen bis dahin das Arbeiten mit Darbuka und Latigo.

Pro

  • vielseitige Loops
  • intuitive Bedienung
  • gute Sounds
  • weitreichende Editiermöglichkeiten

Kontra

  • langwierige und umständliche Installation



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Autor: Roland Reinke, 19.08.2005 Ein Service von MEMI.