Tipps & Tricks zum Mixdown |
Von Freunden, Bekannten und anderen, die Homerecording betreiben, werde ich öfters gefragt, ob ich ihnen "Mischen" beibringen könnte, bzw. wie ich dieses oder jenes Instrument mischen würde. Jedoch ist Mischen ähnlich wie ein gutes, improvisiertes Gitarrensolo. Das kann man niemandem beibringen, sondern es beruht auf Erfahrung und einem Gefühl dafür, wie es zum Song passt. Ich lerne auch noch mit jedem Mixdown dazu, und das wird sich wohl auch nicht ändern.
Natürlich gibt es aber No‘s und Go‘s und einige Tricks, wie man es besser macht, und davon möchte ich Ihnen jetzt einige ans Herz legen.
Das Wichtigste beim Mixdown ist, dass man seine Ruhe hat und nicht unter Zeitdruck steht! Man hat unter Umständen Tage fürs Recording gebraucht und sollte sich die Arbeit nicht durch ein schnelles Abmischen kaputtmachen. Auch sollte man mit frischen Ohren an die Sache rangehen und nicht nach einer nächtlichen Recordingsession bzw. Discotour!
Das zweitwichtigste sind die Monitorboxen. Sie müssen nicht besonders toll klingen (wie z.B. die Yamaha NS 10), dafür sollte man seine Lautsprecher kennen. Die NS 10 stehen nicht in jedem Studio, weil sie gut klingen, sondern weil sie jeder Tontechniker gut kennt und somit auch in einem fremden Studio arbeiten kann. Wie man seine Boxen kennen lernt? Viel Musik darauf hören!
Übrigens: Wer nur mit dem Kopfhörer mischt, gehört erschossen!!!
Grundsätzlich gilt: das ganze Pult resetten, alle Fader runter, die Multitrackmaschine bzw. den Computer starten und den ersten Fader (meist die Bass Drum) auf etwa -10 dB hochziehen.
Von nun an geht man nach Gefühl vor. Ich beschreibe mal grob, wie ich es mache.
Ich probiere erst einmal einen Grobmix mit verschiedenen Hall/Delay-, Dynamics- und EQ-Einstellungen aus, bis ich einen Grundsound gefunden habe, der mir gefällt (falls nicht: alle Regler und Potis auf "null" und nochmal von vorne). Dann mische ich Schritt für Schritt:
Erst die Drums zusammen mit dem Bass, dann die Gitarren dazu, dann nur Bass und Gitarren (aha, bei den Klampfen noch etwas die Bässe zurück), dann wieder die Drums dazu, dann den Gesang nur mit Gitarren, dann nur die Keyboards u.s.w., bis man auch nur jede erdenkliche Kombination ausprobiert hat. Wenn man so weit ist, weiß man auch schon, an welchen Stellen man den Gesang lauter mischen, das Piano etwas zurücknehmen und man das Delay ein- bzw. ausschalten muss bzw. diesen Vorgang per MIDI automatisiert. ALSO: dynamisches Mischen ist angesagt. Damit meine ich richtige Arbeit während der Song läuft. Wer ein Digitalpult hat bzw. im Computer mischt, kann sich das ja auch automatisieren.
Zum Mixdown gehören immer einige CDs, bei denen man den Sound mag bzw. deren Sound man erreichen will. Hier gilt: Über einen Hilfseingang des Pultes den CD-Player anschließen.
WICHTIG: Auf einen identischen Pegel achten!! Ein psychoakustisches Phänomen ist, dass man meint, was lauter ist, klingt besser (kann man ausprobieren: Brennen Sie den gleichen Song 2 mal auf eine CD. Einmal mit 0 dB FS und einmal mit etwa -3 dB FS. Lassen Sie nun Freunde und Bekannte entscheiden, bei welchem Track ihnen der Sound besser gefällt...). Holen Sie sich also ab und zu auf den Boden der Tatsachen zurück, und hören Sie in eine CD rein.
Vergessen Sie auch nicht, dass ein EQ keine Einbahnstraße ist; oft erzielt man mit tendenziell eher negativen EQ-Einstellungen schneller einen guten Mix. Wer einen 4-Band EQ zur Hand hat, sollte zuerst mit zwei Bändern die Frequenzen rausnehmen, in denen das Instrument näselt oder mülmt und anschließend mit den beiden verbleibenden Bändern die klanglichen Eigenheiten des Instruments herausarbeiten.
Ungünstige Frequenzanteile findet man so: Filtergüte relativ schmal einstellen (Nie ganz auf Anschlag, da "Zwitschert" selbst ein EQ in einer Neve-Konsole), nun den EQ-Gain etwa 8 - 10 dB aufdrehen und mit dem Frequency-Poti durch die Frequenzen sweepen, bis es irgendwo richtig unangenehm klingt. Hier nun das Gain-Poti zurück auf Null drehen und dann langsam in den Minusbereich drehen.
Wenn sich zwei Instrumente in die Quere kommen (z.B. der Bass und eine tiefe Keyboard-Fläche), ziehen Sie bei beiden Instrumenten jeweils sehr schmalbandig eine andere Frequenz raus. Dadurch wird der Klang nicht dünner, aber der Sound wird weniger verwaschen.
Viele Anfänger verpassen den Vocals und anderen Instrumenten viel zu viel Hall (es sei denn, man macht Schlager). Achten Sie darauf, dass die Hallzeiten nicht zu lang sind. Oder versuchen Sie mal komplett ohne Hall auszukommen und stattdessen ein Delay auf dem Gesang einzusetzen. Es können ruhig einige Wiederholungen eingestellt sein, aber mehr als die erste sollte man nicht bewusst hören. Damit erzielt man einen vollen Sound, der aber nicht matschig klingt.
Man sollte beim Mixing eher leise abhören. Das schärft das Gehör, und man kann Lautstärkeverhältnisse besser beurteilen. Dann gelegentlich volle Pulle, um zu checken, ob der Mix auch den Richtigen Druck und Groove hat, der den Zuhörer mitreißt.
ZU LAUTES ABHÖREN KANN IHREN OHREN DAUERHAFT SCHADEN!!!
Dann kommt das Wichtigste: Pause! (Das Gehör braucht Ruhe, also einen Happen essen, etwas trinken, KEIN TV und KEINE Musik, vielleicht etwas lesen!) Länger als höchstens zwei Stunden sollte man nicht mischen. Und die Pause sollte mindestens 30 Minuten betragen - also genug Zeit für einen Anruf beim lokalen Pizzalieferanten.
Ist der Mix Ihrer Meinung nach gut, lädt man sich am besten einen Zuhörer ein, dessen Meinung einem wichtig ist, der lässt einen dann automatisch kritischer hören.
Apropos Zuhörer: Arbeitet man für eine Band, wollen in der Regel alle, oder zumindest fast alle beim Mixdown dabei sein. Nach spätestens fünf Minuten wird der erste aufs Pult zeigen und Fragen: "Wo ist mein Instrument?" und dann wird er/sie den Fader zu hoch ziehen und zufrieden lächeln. Daher mein Rat: Klären Sie vorher mit der Band, dass nur einer zum Mixdown kommen kann (z.B. weil der Raum so eng ist etc.). Dieser jemand sollte am besten der Sänger sein, da die einzelnen Musiker oft nur ihr eigenes Instrument hören und kein Gespür für einen guten Gesamtklang haben.
Halt, halt, wie sind hier beim Mixdown. Also schalten Sie den Summenkompressor und den Exciter aus. Alles was in der Summe hängt, betrügt Sie nur über den tatsächlichen Klang. Wir sind ja schließlich nicht beim Mastern.
Dann den Mixdown mitschneiden, die Pult- und FX-Einstellungen so belassen und den Mix am nächsten Tag nochmals mit "frischen" Ohren hören. Wenn dann alles stimmt: Gratulanz!
Hören Sie sich den Mix auf verschiedenen Anlagen bzw. im Auto an und schreiben Sie stichwortartig auf, was Ihnen am Klang nicht gefällt. Korrigieren Sie den Mix dahin gehend. Wenn Sie das einige Male gemacht haben, werden Sie auch merken, welche Frequenzbereiche Ihre Monitorboxen über- und unterbetonen.
Vielleicht werden einige von Ihnen sagen, dass das jetzt alles nichts neues für ist, und Sie längst schon so arbeiten. Schauen Sie sich dann mal die EQ-Einstellungen vom letzten Mixdown an. Wenn da nicht mindestens 50% der Gain-Potis im negativen Bereich stehen, sollten Sie nochmal genau darüber nachdenken.
Ein letzter Tipp, der eigentlich zum Recording gehört: Viele arbeiten heute nach dem Prinzip: "Datt pack isch in den Sampler und biege datt dann hin!" Wenn also Ihre Produktion nicht nach Slatko und Konsorten klingen soll, tun Sie bereits bei der Aufnahme alles für einen guten Sound. Nur das, was gut auf Band ist, kann man hinterher noch veredeln; und obendrein braucht man dann seinen EQ nicht nur, um Fehler auszugleichen.
Viel Spaß beim Mischen!
Autor: Götz Müller-Dürholt | Ein Service von MEMI. |