Bei Flashbaxx handelt es sich um den 26 jährigen Daniel Stenger aus Aschaffenburg. Er ist bereits seit
einigen Jahren als Musikproduzent aktiv und kann auf verschiedene Veröffentlichungen auf
Compilations wie Flooristik, Livingroom Adventures, Mercedes Mixtapes oder Winter Chill
zurückblicken. Daniel hat gerade seine erste eigene EP „The Changing Tides“ auf blackfish
productions veröffentlicht und er steht uns heute Reden und Antwort.
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Daniel, wie bist Du zur Elektronischen Musik gekommen und wir lange machst du das
eigentlich schon?
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Daniel:
Ich glaub Ende der 90iger herum hab ich meine erste Groovebox gekauft und mit dem PC
experimentiert. Vorher war ich Gitarrist in Coverbands sowie auch Combos mit eigenem Material.
Allerdings hatte ich schon immer mehr Ambitionen für Musik als mein musikalisches Umfeld damals.
In erster Linie wollte ich einfach nur Musik machen und die elektronischen Hilfsmittel haben mir
schließlich ermöglicht, meine Ideen umzusetzen ohne dabei von einer Band abhängig zu sein. Mit der
Zeit kamen auch neue Helden aus HipHop und diversen elektronischen Genres hinzu und ich denke
ab diesem Punkt ist man auch nicht mehr weit vom ersten eigenen Beat oder Synthsound entfernt,
wenn man die nötige Grundausstattung im Keller stehen hat.
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Wie würdest Du Deine Musik selbst kurz in Worten beschreiben? Gibt es eine
musikalische Schublade, in der Du Dich gerne wieder findest?
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Da fragt ihr den Falschen. Aber ich würde meine Produktionen generell als sehr organisch, homogen
und beseelt beschreiben. Ich experimentiere nicht gerne oder besser gesagt ich traue mich nicht zu
experimentieren, sondern lasse den entsprechenden Track lieber in dem vorbestimmten Gewässer.
Andererseits bin ich kein Fan von Genres oder Szenedenken. Viele Leute werden auch nicht damit
fertig, daß ich Basser in einer Post-Rock Band mit Krach und Geschrei bin, aber auch gleichzeit
gediegene Lounge Music produziere. Ich begeistere mich so ziemlich für jede Musikrichtung, muss
aber deswegen keine Noize-Gitarren in einen Downbeat Track einbauen. Das eine wird hier gemacht,
daß andere bleibt da drüben wo es für mich hingehört. Bei mir steht jede musikalische Schublade für
sich selbst. Ich möchte mal an einen Punkt kommen wo die Leute eine Platte kaufen, weil Daniel
Stenger in den Credits steht, da dies für die sie ein sicheres Zeichen für Qualitätsmucke ist, ganz
gleich um welches Projekt oder Genre er sich gerade dabei handelt.
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Wie sehen deine musikalischen Vorbilder aus?
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Die sind mehr im Band Bereich angesiedelt. Queen ist daran schuld, daß ich überhaupt Musik mache.
Zu meinen All-Time-Favourites zähle ich die Manic Street Preachers, Eins Zwo, Ben Folds Five, The
Verve, The American Analog Set, Radiohead, Morrissey, Moi Caprice, Iggy Pop.... also alles recht
unelektronisch. In dem Bereich zieht es mich in den Tru Thoughts Dunstkreis um Quantic, Diesler,
Alice Russel, Nostalgia 77 etc... Ansonsten steh ich auf Jazzanova, Mo' Horizons, Groove Armada,
AIR, FDEL, Knaak & Smaak. Alles was eben vom Jazz und Funk angefixt ist. Aber ich habe wiederum
keine Vorbilder in Sachen Jazz oder Funk um nicht zu sagen, daß ich mich da so gut wie gar nicht
auskenne. Ich fahr einfach auf den Sound dieser Styles ab. Ich tu mir schwer mit voll-elektronischer
Musik und brauche ein gewisses Bandfeeling, was sich in meinen Tracks wiederspielgelt.
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Wie kam es zu Deinem Künstlernamen "Flashbaxx"?
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Flashbax ist ein B-Seite Song der Band OASIS, welcher ich auch etliche Jahre verfallen war („Vater
vergib mir!“). Als ich mich das erste Mal in einen Chatroom einloggen wollte hat die Single neben
meiner Tastatur gelegen. Jemand anderes verwendete aber bereits Flashbax mit einem 'X' und da hab
nur noch ein zweites dran gehängt. Den Namen machte ich dann auch zu meinem Künstlerpseudonym
weil ich zu faul war, um mir einen anderen zu überlegen *lach*.
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Wie gehst Du bei der Komposition eigener Titel vor? Hast du eine spezielle
Vorgehensweise?
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Schwer zu sagen. Ich weiß nur, daß ich unheimlich Probleme habe mit einem Basslauf oder Drumloop
den Song anzufangen. Das endet dann meißtens im Nirgendwo. Ich brauche zuerst das Thema, ein
paar Chords oder einen Lick, welche ich mit Keys, Gitarre oder einem Sample auschecke. Dann folge
ich eigentlich nur noch Spur für Spur dem Vibe des Tracks. Also ganz unspektakulär.
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Welche Geräte setzt Du bei der Produktion im Studio besonders intensiv ein? Was ist
Dein wesentliches "Handwerkszeug"?
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Ich schwöre auf Ableton Live als Sequencer. Damit schraube ich alle meine Tracks zusammen. Ich
produziere sehr ergebnisorientiert und da ist das einfache Handling von Ableton Live genau richtig für
mich. Zu meinen Standard-Softsynths gehören SB The Grand, AAS Lounge Lizard, SS Trilogy, Korg
Legacy Collection mit MS20 Midicontroler, NI B4 und Pro-53. Im Hardware Bereich verwende ich den
microKorg als Synth und Midi-Keyboard und die Yamaha RS7000 Groovebox, welche ich in letzter Zeit
wieder verstärkt einsetze. Auf der Kiste hab ich auch noch eine ganze HD voller Sounds und Loops der
letzten Jahre, da die RS früher mein Hauptwerkzeug war. Für mich ist das Teil nach wie vor das
bedienerfreundlichste Tool, wenns um Live Performance und Programierung geht. Mit den Händen bist
du einfach schneller als mit der Maus. Dann bin ich im Studio noch von lauter alten Mühlen umzingelt,
die auch hin und wieder zum Einsatz kommen wie der Roland SH2000, Korg DW8000, Casio
CZ-1000, einem Hohner Clavinet / Pianet DUO und zweier Heimorgeln (Universum Duo / Yamaha
Electone B35-N oder so). Die meisten Synths und Keys sind allerdings Leihgaben von Kollegen oder
Speicherfunde und sind auch nicht mehr so tau-frisch. Aber ich steh auf die alten Teile und es macht
Spass deren typischen Sound in den Tracks zu verbauen.
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Bist du jemand der ständig Neue Software Instrumente ausprobiert oder arbeitest du
gerne mit deinen Lieblingsprogrammen?
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Ich bin so ein Gewohnheitstier und auch viel zu bequem um ständig den neuesten Scheiß
auszuchecken und anzutesten. Mein Stuff im Studio funktioniert bestens für meine Bedürfnisse. Viele
machen sich auch zu sehr Abhängig vom Software-Wahn. Ich für meinen Teil sehe mehr Sinn darin,
sich ein Instrument anzueignen oder Gesangsunterricht zu nehmen. Das würde der eigenen Musik und
dem kreativen Output viel mehr bringen, als nur auf die Software zu vertrauen.
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Du arbeitest ja nicht nur mit elektronischen Instrumenten sondern kombinierst in
deinem Sound auch Gitarre und so weiter. Spielst du das alles selbst oder arbeitest du
mit Studiomusikern zusammen?
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Gitarre, E-Bass und Keyboards spiele ich generell selbst ein, wobei ich auch hier auf Samples oder
Synths zurückgreife, wenn Sie im Track besser klingen als meine Overdubs. Mein Gitarrenarsenal
besteht aus einer Hohner Halbakustik, Ibanez Roadstar 2 und einem Fender Jazz Bass. Die Gitarren
spiele ich über das VOX Tonelab und den Bass über den Line 6 Pod ein. Das funktioniert auch alles
soweit ganz gut, wobei ich noch zwei geile alte Röhrenverstärker von Marshall und Guyatone im Studio
habe, die ich allerdings technisch erst wieder fit machen muss. Ich denke deren Klang würde meinen
Tracks noch mal eine Portion Seele verpassen. Mir ist es schon wichtig ist, daß Instrumente von mir
selbst eingespielt werden. Das gehört nach wie vor zu meiner Philosophie, unabhängig arbeiten zu
können und die eigenen Fähigkeiten am Instrument einzubringen, auch wenn sie mittelmäßiger Natur
sind. Ich verfolge seit Jahren das Vorhaben ala Stevie Wonder eine Platte oder wenigstens einen Song
komplett selbst einzuspielen, inklusive den Drums. Leider weiß ich aber selbst noch nicht, welche
Musikrichtung dabei rauskommt.
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Du arbeitest bei anderen Projekten quasi auch noch als Bassist?
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Bei Fitzcarraldo spiele ich Bass und Keyboards, wobei ich das nicht als Arbeit bezeichnen würden. Auf
unserem Debüt HERBST hab ich auch das Elektronik Arrangement produziert und der Platte ein
gewisses Soundbild verpasst. Live besteht mein Setup aus dem microKorg und der Yamaha RS7000
bzw. einem Notebook, welcher sich allerdings z. Zt. in Reparatur befindet. Von der Bedienung her ist
wie schon erwähnt die RS7000 unschlagbar, stößt aber mit den internen Sounds qualitativ an ihre
Grenzen. Mit dem Notebook, das im Grunde eine 1:1 Übersetzung meines Studiorechners und auch
mit Ableton Live als Sequenzer bestückt ist, kann ich die Elektronik live mehr der HERBST-Platte
anpassen, da die Arrangements mit Ableton und meinen Plug Ins produziert wurden. Zudem kann ich
im Studio an Ideen und Konzepten für die Band feilen und sie auf meinem Notebook mit in den
Proberaum nehmen, was den ganzen Workflow sehr angenehm macht. Alle Signale lass ich über ein
Roland RE-201 Space Echo laufen. Meinen Fender Jazz Bass spiele ich über eine altes Fender Top
und einer Trace Elliot 2x18“ Box. Frag mich nicht welche Modelle... ;-)
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Du bist ja auch noch ein Teil der Sonic Soul Division - Was machst du dort?
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Die Sonic Soul Division ist ein Kollektiv bestehend aus den Produzenten Wolfram Gruß aka PNFA,
Tueson Patton aka Soulbrothers Paradice und meiner Wenigkeit. Wir performen quasi als Live-Act
und fusionieren mit Groovebox und Laptop live unsere Tracks. Supportet werden wir von befreundeten
Gastmusikern mit Saxophon oder Percussions. Allerdings ist die Zukunft der Sonics ungewiss. Wir
wohnen mittlerweile alle in anderen Städten und sind mit Studium, Jobs und eigener Mucke bestens
bedient. Allerdings remixen wir uns gegenseitig und legen auch hin und wieder zusammen auf. Ich für
meinen Teil bin mir nicht sicher, ob ich die SSD weiterführe oder als Bestandteil dabei bleibe, da ich
selbst im Moment nicht weiß, welche Dancefloor tauglichen Tracks ich als Live Act abfeuern möchte.
Ich bin ein großer Classic und Filter/French House Fan aber ich hab das Gefühl, daß in dem Bereich
schon alles abgegrast wurde und es keinen Sinn macht, da nur als Kopie von der Kopie mitzumischen.
Mein Verständnis von smarter Dancemusic kann ich einfacher mit meinen DJ-Sets wiedergeben.
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Was ist für Dich interessanter: Die Arbeit im Studio oder die Live-Performance vor
Publikum?
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Es hat beides seinen Reiz und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Manchmal läufts ohne das man
was macht, die Leute gehen ab, das Mixing ist perfekt, die Ideen beim produzieren sprühen nur so aus
einem heraus, man ist emotionell richtig high. Und dann gibt's so Tage, wo man nur auf den Bildschirm
glotzt und hat das Gefühl, man sitzt zum ersten Mal im Studio, beim DJing sind die Übergänge fürn
Arsch und egal was man macht die Leute bewegen sich nicht. Bei Fitzcarraldo zieh ich allerdings die
Performance der Studioarbeit vor, weil alleine die Hinfahrt und die Party danach ein Erlebnis für sich
sind, ganz zu Schweigen vom Gig selbst. Das war auch einer der entscheidenden Gründe, bei der
Band einzusteigen. Ich hab die Performance als Musiker auf der Bühne vermisst und das ist für mich
ein super Ausgleich zur Studioarbeit. Das eine ist für mich Musik machen und das andere Musik
machen, wie erschaffen. Denn letztendlich bin ich eher Musiker als „Elektroniker“.
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Zu deinen Kompositionen hast du auch noch zwei wirklich tolle Videoclips für
Changing Tides und Jack of All Trades gedreht. Wie kam es dazu?
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Mein Sonic Soul Kollege Wolfram Gruß aka PNFA hat die Clips produziert. Die Idee ist mir gekommen,
nachdem Wolle für Fitzcarraldo spontan ein Musikvideo gemacht hat. The Changing Tides EP kommt
ja auch als CD und erstes Release auf meinem eigenen Label BAXXBEATMUSIC raus. Daher wollte
ich auch unbedingt Clips haben, um damit die Platte noch zusätzlich und ganz klassisch zu promoten.
Übrigens veranstalte ich mit dem Videoclip zu Changing Tides ein kleines Gewinnspiel auf meinem
MySpace Profil.
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Die EP The Changing Tides ist nun auf dem Markt, wie sieht es mit einem Album aus?
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Mein Release Zyklus beträgt mittlerweile knapp 5 Jahre. Also 2013 *lach*?! Ich hab echt keinen
Schimmer. Ich könnte mir vorstellen, vom Album Gedanken weg zu gehen und nur noch EPs
rauszubringen. Durch die ganze DIY Sache mit eigenem Label, Online Shop und
Vertriebsmöglichkeiten sind die Distanzen ja super kurz gehalten. Ich pack heute 5 meiner z. Zt.
stärksten Tracks auf eine CD, schick sie für ne kleine Auflage ins Presswerk und in ein paar Wochen
kann man sie online ordern oder gleich als MP3 bei eMusic runterladen. Mal so ganz flachs formuliert.
Allerdings möchte ich beim nächsten Release UNBEDINGT Gesang oder Raps am Start haben. Das
hatte ich mir eigentlich nach der Livingroom Adventures LP vorgenommen, konnte es aber wieder
nicht verwirklichen.
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Wie sehen Deine musikalischen Pläne für die nächste Zeit aus?
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Da ich mich 2008 in Sachen Label und der Produktion / Lizenzierung von Musik selbständig gemacht
habe werden erstmal sämtliche Kräfte in meine kleine Company BAXXBEATMUSIC gesteckt. Die
nächste Zeit wird natürlich FLASHBAXX – THE CHANGING TIDES EP fleißig promotet. Ich möchte
auf jeden Fall mehr als DJ aktiv werden, was ich bisher zu halbherzig angegangen bin. Ich hab auch
schon länger die Vision, meinen Flashbaxx Stuff mit einer Band umzusetzen. Aber dafür die richtigen
Leute zu finden ist eine andere Geschichte. Dann werden sicherlich noch ein paar Remixe,
Compilation Anfragen und Fitzcarraldo Gigs auf mich zukommen. Mal sehen was die Zukunft so bringt.
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... vielleicht ergibt sich ja der ein oder andere Kontakt auch hier über MEMI. - Wir drücken
auf jeden Fall die Daumen!
Vielen Dank für das Interview, Daniel!
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Das Interview führte Martin Rothhaar im April 2008.
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