Review
 
 
Cover
Genres: Classical, Electronica
Medium:CD-R
Jahr:1998
Tracks:7
Spielzeit:56:11
Bezug:Christian Baum, Gärtnerweg 9, 79114 Freiburg, EMail: baum@uni-freiburg.de
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2 Bewertungen:
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Pkt 012345678910
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Christian Baum: Made in England

von Martin Rothhaar

Ein 12-monatiger Studienaufenthalt an der University of Sussex war es, der dem Freiburger Christian Baum offensichtlich jede Menge Freizeit und musikalische Inspiration bescherte. Das Ergebnis präsentiert uns Baum nun auf seiner zweiten Veröffentlichung, der CD mit dem treffenden Titel "Made in England".

"Made in England" bietet knapp 60 Minuten gut gemachte Elektronik, die sich vor allem an den Liebhaber der klassischen EM wendet. Der bereits von der zweiten MEMI-Compilation Hidden Treasures Vol. II bekannte Opener startet mit einer gelungenen Lead-Melodie, ein typisch Baum'sches Merkmal, wie man im weiteren immer wieder feststellen wird. Zu dieser im synthetischen Flötenklang gespielten Melodie gesellt sich der Live-Bass des Schotten JJ Maurage, der dem Ganzen in perfekter Art den notwendigen Groove verleiht. Die anschließende Kombination mit Synthy- und (ebenfalls "echten") Flöten-Solos rundet das Werk ab - ein gelungener Start.

Interessant-elektronisch geht es weiter, zunächst mit dem mit E-Gitarren-Samples arbeitenden "Brighton Rock", das versucht, Stilelemente des Rock mit der Elektronik zu mischen (hier bleibt es allerdings tatsächlich eher bei einem "Versuch" ;O), anschließend mit dem wieder durch und durch elektronischen "The Big Issue", ebenfalls ein Titel mit einer interessanten Solo-Linie.
Extrem stark denn wieder Track 4, "London by Night": treibende, modulierte Elektronik-Sequenzen, gezielt von Flächen und dezenten Leads unterlegt. Durch das perfekte Zusammenspiel dieser Elemente erzeugt Baum eine Atmosphäre, in der man sich tatsächlich ins nächtliche London versetzt fühlen kann.

Eher überrascht wird der EM-geprüfte Hörer wohl von der Gemeinschaftsproduktion Baums mit dem Österreicher Thomas Polaschek sein: Ist das der Ausflug zweier EM'ler in die Club-Szene? Tatsächlich muten die Drums und Pattern von "The Club" trotz EM-Instrumentierung teilweise durchaus clubtauglich an und bieten somit - um mit den Worten eines bekannten Musikjournalisten zu sprechen - "eine Steilvorlage für Remixer" ...

Aus dem Clubleben zurück auf den harten klassischen Elektronik-Boden holt uns dann wieder "Brighton Beach", das damit vorbereitet auf den eigentlichen Höhepunkt des Albums: den 30-minütigen Konzepttitel "The Pier".
In "The Pier" zeigt Christian Baum, was er wirklich kann. Das Werk setzt sich aus mehreren Teilen zusammen, die ein gemeinsames Thema in verschiedener Weise variieren. Der erste Teil baut dieses Thema im Mid-Tempo auf und verwendet hierbei voll elektronische Sounds. Auffällig bereits hier die auch im weiteren Verlauf des Titels immer wieder auftauchenden Athmos und Geräuschkulissen, die (und hier zeigt sich der wahre "Freak") nicht etwa von einer Athmo-Sampling-CD stammen, sondern vielmehr von Herrn Baum eigenhändig aufgenommen wurden!
Nach dem ca. 5-minütigen ersten Part und weiteren 2 Minuten "Flächen-Überleitung" folgt dann der Part des Albums, den man getrost mit dem Prädikat "absolut genial" auszeichnen kann: eine Down-Tempo-Variation des "The Pier"-Leadthemas mit einem gnadenlos guten Live-Bass, eine echt-funkigen Gitarre sowie einer effektbehafteten E-Gitarre. Hier grooved die Baum'sche Komposition ohne Ende - perfekt! Schade, daß dieser Part schon nach knapp 4 Minuten vorbei ist, auch wenn es in den noch folgenden rund 18 Minuten von "The Pier" sicher trotzdem nicht langweilig wird. Es folgen noch softe Variationen gespielt von der Flöte der Holländerin Eline Bos, ein Piano-Part und eine abschließende Up-tempo-Variation des Lead-Themas. Alles in allem eine wirklich gelungene Nummer, die zudem die Musik von Christian Baum in ihren verschiedenen Facetten sehr gut charakterisiert: Baum arbeitet meist mit interessanten elektronischen Sounds und gut programmierten Rhythmen und zeigt immer wieder ein besonderes Gespür für gute, eingängige Melodielinien. Die wahre Genialität jedoch zeigt sich in der perfekten Kombination von akustischen Instrumenten mit der EM. Wenn sich Baum auch zukünftig weiter in der Kunst ähnlicher Symbiosen übt, so können wir hier sicherlich noch einige ganz große Würfe erwarten.

Anspieltips: Track 4 ("London by Night"), Track 7 ("The Pier")