Aliens Project vs. Programmierte Welten: Thereminator
von
Martin Rothhaar
Es gibt ja Reviews, die schreiben sich wie von
selbst. Man hört eine CD, hat sofort einen Zugang
zu der Musik und die Worte fliessen quasi automatisch
aus der elektronifizierten Feder.
Das ist bei der Musik von Aliens Project
definitiv nicht so. Um es gleich vorweg zu sagen:
Das was Bernd-Michael "Bernie" Land seit vielen Jahren
unter dem Projektnamen Aliens Project zu Gehör bringt,
ist alles andere als leichte Kost. So trudelte bereits
1999 das Album "Biker's Paradise" in der
MEMI-Redaktion ein. Und obwohl ich es mir fest
vorgenommen hatte, einige Zeilen dazu zu schreiben,
schaffte ich es doch, diese Aufgabe so lange vor
mir her zu schieben, bis das Eintreffen von Bernies
nächstem Album den guten Willen schließlich ad
absurdum führte ...
Nun lag also im Januar 2001 mit "Drop Out" die
nächste Aliens Project-Veröffentlichung auf dem
MEMI-Tableau. Von Bernie selbst als "völlig
abgedrehtes Album, das sich durch dubiose
Arrangements und Sounds deutlich von der
kommerziellen Masse distanziert" beschrieben,
sollte man natürlich nicht meinen, dass er es
uns mit dieser CD einfacher machen wollte. - Und
so schob ich auch dieses (eigentlich fest
eingeplante) Review wieder Woche um Woche, Monat
um Monat vor mir her.
Nach dem Motto "aller guten Dinge sind drei"
traf nun vor wenigen Wochen schon wieder eine
neue CD von Bernie bei uns ein. Das aktuell auf
dem Frankfurter Elektronik-Label
Elektro-Kartell-Recordings
(www.elektro-kartell.de)
veröffentlichte Album "Thereminator" ist die
Dokumentation einer Live-Kooperation von Aliens
Project mit dem Frankfurter Hardtrance-Projekt
"Programmierte Welten".
Und wie hört sich das Ganze nun an? - Nun,
"leicht verdaulich" ist diese Musik immer noch
nicht. Das was Bernd-Michael Land und Markus
"Coco" Adam (aka Programmierte Welten) hier in
insgesamt 13 Tracks zu Gehör bringen, würde wohl
eine Marketing-Abteilung am ehesten als
"experimentellen Hardtrance mit Theremin-Vox und
Live-Sound-Creations" bezeichnen.
Schon der Opener "Die letzten Wahle" zeigt recht
deutlich, wohin die Reise gehen wird und was uns
in den kommenden rund 70 Minuten erwartet:
Zu experimentell-sphärischen Synthesizer-Sounds
gesellt sich die unverkennbare, durch diverse
Effekte angereicherte Stimme des von Bernie
gespielten Etherwave-Theremins. Das Ganze bekommt
den notwendigen rhythmischen Drive schließlich
durch die von Coco beigesteuerten Groovebox-Drums.
Dabei sind die verwendeten Drumsounds genauso
nicht-kommerziell wie der Rest des Arrangements:
Markus Adam zeigt eine offensichtliche Vorliebe
für laute, "kranke" und stark verzerrte Drumsounds.
(Das gilt für den Opener ebenso wie für die meisten
weiteren Tracks des Albums).
Es wäre müssig, jeden einzelnen Track dieses
Albums zu beschreiben, zumal mein Vokabular mir
angesichts dieser Art von Musik so beschränkt
scheint, dass sich die Worte doch ständig
wiederholen würden. Interessanterweise bedeutet
das jedoch nicht, dass man die 13 Titel als
"sich wiederholend" oder eintönig empfindet.
Im Gegenteil: Immer wieder neue Rhythmen, Sounds
und Klangcollagen lassen den Hörer stets aufs
Neue erstaunt aufhorchen. So z.B. bei Track 2
("Maschinenraum") in dem Cocos hämmernde
"Distortion-Beats" und aufs Extremste (nach bester
Faithless-Manier) modulierte Synth-Sounds eine
nach "Space-Dudelsack" klingende Leadmelodie
untermalen.
Oder Track 5 ("Klabautermann"), der eine extrem
gelungene Basslinie mit einem stampfenden
Industrial-Beat vereint und durch extravagante
Theremin-Parts verfeinert.
Oder der fast schon "angenehme" Track 9 ("U-69"),
in dem eine minimal-technoide Rhythmus-Sequenz
von vielschichtigen, modulierten Flächen und
experimentellen Soundfetzen getragen wird.
Wie bereits angedroht: Der "Thereminator" ist
nichts für flauschige Kamin-Abende oder romantische
Stunden zu zweit. Wer aber auf der Suche nach
wirklich neuer Elektronik ist, die sich weder
an dem Geschmack der Masse, noch an gängigen
musikalischen Strukturen orientiert, der sollte
sich die "Programmierten Welten" und insbesondere
"Aliens Project" auf jeden Fall einmal genauer
anschauen.
Anspieltipps: "Die letzten Wahle" (1),
"Klabautermann" (5), "U-69" (9)
P.S.: Wer auf die abgefahrenen Sounds von
Aliens Project steht und selbst musikalisch
tätig ist (oder es werden möchte), sollte sich
auch die nagelneue Sampling-CD von Aliens
Project ("Bad Samples") unbedingt anschauen.
Informationen hierzu ebenfalls unter www.aliens-project.de
oder www.elektro-kartell.de.
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