Christian Baum: Janus
von
Martin Rothhaar
Nach seinem 1996er Debut "Dedications" und dem 1998er Konzeptalbum "Made In England" war es in den letzten Jahren eher ruhig
geworden um Christian Baum. Zumindest, was seinen musikalischen
Output anbelangt. Denn als Fachautor ist der Wahl-Karlsruher
sowohl regelmäßig für die Zeitschrift KEYBOARDS, als auch für
den WIZOO-Verlag und für MEMI nach wie vor höchst aktiv unterwegs.
Nun gibt es aber neben Geschriebenem auch wieder etwas "auf die
Ohren". Mit "Janus" liegt das dritte Album von Christian Baum
vor. Ehrensache, dass ich mir das Teil sofort gekrallt habe und
auch nicht darauf verzichte, hier mein Urteil dazu abzugeben. -
Los geht's:
Den Auftakt der CD macht ein 2-minütiger "Prologue": Ein eher
klassisch arrangiertes, schwermütiges Intro mit Streichern,
Holzbläsern und orchestralen Percussionelementen. Der Track
zeigt, dass Christian Baum sein Handwerk versteht - allerdings
sollte man ihn keinesfalls als richtungsweisend für die nachfolgenden 8 Tracks annehmen.
Track 2 ("Into The Dark And Back") beginnt zunächst zwar auch
eher klassisch mit einem ruhigen, piano-basierten Teil, wird
dann aber im zweiten Teil mit einigen baum-typischen Electro-Elementen (Percussion, Sequenzen) angereichert und zeigt dadurch,
dass das Album ab hier offenbar an Fahrt gewinnt.
Mit Track 3 folgt nun schon das nach meiner Meinung absolute
Highlight der CD. Der Titel "Echoes From The Underworld", den
Christian Baum zusammen mit seinem KEYBOARDS- und WIZOO-Co-Autor
Manfred "Petrosil" Lange komponiert hat, überzeugt von Beginn an
durch eine tolle, tiefe Athmosphäre, coole Sounds und ein gelungenes
melodisches Thema. Unterstützt wird das Ganze dabei durch die
erstklassig arrangierten Elemente wie z.B. Rhodes, Bass,
Drums/Percussion und Sequenzen.
Ich denke, der Track gefällt mir auch deshalb besonders gut,
weil er im Vergleich zu vielen anderen Tracks aus dem Hause Baum
eher etwas minimalistischer angelegt ist. Sehr nett und genau
passend dabei übrigens auch: Die "Schweineorgel" im zweiten Teil! :)
Weiter geht es mit Track 4, dem bereits von der MEMI-Compilation
"hidden treasures vol. III" bekannten Remix des Titels "War", der
- offenbar als echte Konzept-Komposition angelegt - den Inhalt
tatsächlich auf den Punkt bringt. Das gelingt nicht zuletzt durch die
treffend eingesetzten Klarinetten-Parts von Sonia Whitlow.
Mit Track 5 ("D.B. Cherry") vergreift sich Baum dann leider
ein wenig: Für eine Breakbeat-Nummer müsste der Track deutlich
"coolere" und modernere Sounds haben. So bleibt es bei einem
netten aber IMO nicht sehr geglückten Versuch.
Bei "Dynamoz" (Track 6) bewegt sich der Komponist dann wieder
in Gefielden, die ihm offensichtlich besser liegen: Ein schöner
Electro-Track mit echtem 80ies-Feeling!
Noch unentschlossen bin ich bei dem nachfolgenden "Robo Cha Cha"
(#7): Der Track hat ein paar wirklich gute Elemente (wie z.B.
einen Vocoder-Part und ein prima gespieltes Brazil-Piano), müsste
aber nach meinem Geschmack mehr in die eine (Brazil) oder andere
(Electro) Richtung gehen, um richtig zu überzeugen.
Mit dem vorletzten Track folgt dann leider die zweite Nummer
dieses Albums, die eher negativ aus dem Rahmen fällt: "Penguin Day"
ist IMO echte Trivial-Elektronik - sowohl von den Sounds, als auch
von der Komposition. - Da hat Christian Baum doch schon oft bewiesen,
dass er Besseres kann.
Das zeigt er dann auch glücklichweise im letzten Track noch
einmal sehr eindrucksvoll: "My Little Secret" zeichnet sich
wieder duch eine sehr gefühlvolle Stimmung aus, die mit guten
und passenden Sounds inszeniert wird. Einen Hauptteil macht
dabei auch das von Ulrike Zimmermann gelesene Gedicht "Winter:
My Secret" aus, das in den ruhigen Mittelteil des Tracks perfekt
eingebettet und somit das "Salz in der Suppe" ist.
Brilliant übrigens bei diesem Track: Der "Funky Guitar"-Part!
Hier muss ich doch unbedingt noch einmal nachforschen, auf
welcher sensationellen Sampling-CD Christian Baum sich bedient
hat (oder war das dann vielleicht doch sogar eine echte Live-Gitarre?).
Alles in allem beschreibt der Untertitel der CD ("Janus - an
electronic music collection") schon ziemlich gut, was den Hörer
hier erwartet: 9 Tracks mit fast durchweg echt elektronischem Feeling,
zumeist gut bis sehr gut umgesetzt und (bis auf zwei Ausrutscher)
auf jeden Fall hörenswert.
Christian Baum liefert mit "Janus" wohl nicht die elektronische
Revolution ab, zeigt aber damit gleichzeitg, dass man nicht
unbedingt revolutionär sein muss, um gute Musik zu produzieren.
Besonders lobenswert übrigens: Die CD "Janus" gibt es sowohl als
offizielle "Kauf-CD" zum fairen Preis von 10 Euro (von denen
jeweils 2 Euro für die "Schutzstation Wattenmeer e.V. gespendet
werden), als auch zum kostenlosen mp3-Download auf der Homepage
von Christian Baum [www.bonsai-multimedia.de].
Meine Empfehlung daher: Zunächst ohne Risiken und Nebenwirkungen
downloaden, anhören und - bei Gefallen - die Audio-CD kaufen und
damit dann auch noch eine gute Sache unterstützen!
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