Jiannis & Lambert: Timeless Vision (live in Kreuztal)
von
Rainer Buchty
Bereits
1988 erschien "Timeless Vision" auf Kassette und war eine Zusammenstellung
der besten Titel eines Live-Konzertes, welches im August 1988 in Kreuztal
(Siegerland) stattfand. Wohl nicht zuletzt die positive Resonanz veranlaßte
Jiannis & Lambert dazu, diese Zusammenstellung nochmals zu überarbeiten
und um weitere zwei Titel zu ergänzen und das Resultat dieser Mühen
auf CD zu veröffentlichen.
Das Booklet weist übrigens darauf hin, daß es sich bei den
aufgenommenen Titeln um einen Live-Mitschnitt "direkt vom Mixer" handelt
und - bedingt durch die damalige, nicht dem heutigen professionellen Standard
entsprechende technische Ausstattung - an der ein oder anderen Stelle der
CD Knackser o.ä. zu hören sind. Aufgrund dieser eher verharmlosenden
Aussage sah ich mich zunächst zu etwas technischer Kritik genötigt,
jedoch informierte mich Christian Schimmöller, der die Originalaufnahmen
sorgfältig überarbeitete, darüber, daß mit dieser
Restauration ein echtes Kunstwerk vollbracht wurde und die noch vorhandenen
Störgeräusche sich nicht hätten entfernen lassen, ohne dem
Musikmaterial gravierend zu schaden.
Jiannis & Lambert sind bekennende Freunde der sog. Berliner Schule,
dies wird bereits beim ersten Titel, dem fast 11minütigen "White Light"
deutlich, und so verwundert es nicht, daß der Stil gewisse Parallelen
zu Software bzw. Tangerine Dream aufweist - diese Parallelen erstrecken
sich mitunter auch auf die Instrumentierung: Viele der Tracks könnten
auch ohne weiteres einem TD-Album der frühen 80er-Jahren entstammen.
Wer Jiannis & Lambert nun jedoch vorschnell als Plagiatoren abstempelt,
tut ihnen sicherlich unrecht, denn auf den folgenden Tracks beweisen sie
eine Kreativität, wie sie der Fröse'schen Formation spätestens
seit dem Weggang von Chris(topher) Franke fehlt.
Auf den Opener "White Light" folgt mit "Secrets of the night" eine Überleitung
nach "Dark Rooms", dem mit über 12 Minuten längsten Track dieser
CD. Leider verharrt man bei diesem - für meinen Geschmack - etwas
zu lang auf dem Hauptthema, weniger wäre hier evtl. mehr gewesen.
Doch bereits das folgende zehnminütige "SUN" vermag dies wieder wettzumachen
und auch das anschließende, ebenfalls zehnminütige "Coloured
Lights" weiß zu gefallen. Mit "Lightdancer" erfolgt dann eine Überleitung
in den über 11 Minuten langen "Transparent Nightmare", der eher experimentellen
Charakter trägt und zeigt, daß auch die frühe EM durchaus
zu Jiannis & Lamberts Repertoire zählt. Das folgende "Piano" (nomen
est omen!) leitet schließlich wieder in melodiöse Gefilde über
und beweist überdies tastentechnische Virtuosität. Abgerundet
wird die CD schließlich vom sechseinhalbminütigen "Walking in
the Sun" - der abrupte Schluß mag indes nicht jedem gefallen.
Fazit: Ich kann mich dem Urteil von Klangwelt Musik ("...wirklich
hervorragend...einfach erfrischend, wie sich hier die Sequenzen tummeln...")
nur anschließen. Wer - wie ich - stets auf der Suche nach typischem
Franke/Froese/Schmoelling-Sound ist, wird hier bestens bedient. Umso erfreulicher,
daß es sich Jiannis & Lambert nicht darauf beschränken,
ihre erklärten Vorbilder nachzuempfinden, sondern auch einen eigenen
Stil mit einbringen. |