Attila Heger ist ein ungarischer EM-Musiker.
Er veröffentlicht seine Musik unter den Pseudonymen Laren
d'Or und Al Norder.
Bereits in der 11. Ausgabe unserer MEMI Station haben wir
Attila mit dem Titel Fith Dream vorgestellt.
In unserem Email-Interview redet Attila über seine Musik,
seinen Job als Komponist von Spiele-Soundtracks und warum
er seine Musik bei mp3.com und besonic.com veröffentlicht.
Attila, für jemanden der Deine Musik
nicht kennt: Wie würdest Du Deine Musik beschreiben?
Zunächst einmal möchte ich alle Leser
grüßen und MEMI für die Gelegenheit für
das Interview danken.
Der Stil meiner Musik, die ich unter den Namen
Laren d'Or und Al
Norder veröffentliche, füllt ein weites Spektrum
von Progressive Rock bis hin zu orchestralen Stücken.
Die Untertitel meines ersten Doppelalbums War
of Angels sagen eigentlich schon alles: Synthponia
(typische klassisch-orchestrale symphonische Elektronik) und
Progressive (oder besser: Progressive Electronica)
- nomen est omen :-)
Ihr findet die Alben unter http://www.mp3.com/larendor.
Mein zweites Album Real Nord, das
ich ebenfalls bei mp3.com, aber unter dem Namen Al Norder veröffentlicht habe, könnte
man immer noch als instrumentale, progressive Elektronik einstufen,
aber es ist sehr viel "heavier" als War of Angels. Ihr findet es unter http://www.mp3.com/alnorder
Der Stil meiner Videospiele-Soundtracks ergibt sich aus der
Art des Spiels, für das ich sie schreibe. Ich versuche
aber immer Musik zu schaffen, die auch als eigenständige
Produktion angesehen werden kann.
Hast Du irgendeine musikalische Ausbildung? Wie bist Du
zur Elektronischen Musik gekommen? Was sind Deine musikalischen
Einflüsse?
Wie bei Jedem in meiner Familie war das Erlernen von Instrumenten
ein Muss. Als 6-jähriger wollte ich immer lernen, Schlagzeug
zu spielen, aber meine Eltern bestanden auf Klavier. Heute
glaube ich, dass sie die richtige Entscheidung getroffen haben.
Ich habe das Klavierspielen in der Musikschule gelernt bis
ich 13 war. Ich erinnere mich daran, wie ich das erste Mal
die Melodie einer TV-Serie nur nach dem Gehör spielte
- das war der Punkt an dem mich die Musik und die Macht des
Wissens über Instrumente wirklich berührte. Das
Wissen, dass es keine Melodie geben würde, die ich nicht
spielen könnte, die ich nicht persönlich erfahren
könnte.
In den Jahren nach der Musikschule habe ich gelernt, alles
was ich mochte auf meinem Klavier zu spielen, aber ich empfand
die Herausforderung als nicht groß genug. Ich fing an
zu komponieren. Zu Anfang waren das einige einfache Songs.
Ich habe das Komponieren nie gelernt. Alles was ich in Sachen
Musik mache tue, ich instinktiv, getrieben von meinen Gefühlen.
Ich male die Musik, lasse meine Emotionen hineinfließen.
In einer Komposition weiß ich genau, ob es eines Streichers
hier oder etwas Tamburin dort bedarf - oder Piano. Ich baue
meine Musik aus kleinen Elementen zusammen und genieße
es, wie der Haupttrack sich seinen Weg durch all die unterschiedlichen
Klänge bricht und über der gesamten Komposition
steht. Nach ein paar Stunden lehne ich mich zurück, und
ein neuer Titel ist entstanden.
Meine erste einschneidene Erfahrung war "Spiral" von Vangelis
und "Oxygene" von Jarre. Dann folgten viele Mike Oldfield-
und Pink Floyd-Platten, später Tangerine Dream, Klaus
Schulze, Yes und die ungarischen Solaris.
Meine Favoriten aus der Klassik sind Bach, Vivaldi, Liszt,
Berlioz und Wagner. Die Tatsache, dass ich 8 Jahre lang nur
mit klassischen Stücken Klavierspielen gelernt habe,
ist offensichtlich.
Von den Soundtrack-Komponisten sollten John Williams, Maurica
Jarre und Randy Edelman als Einflüsse genannt werden.
Wie gehst Du vor, wenn Du einen neuen Titel
komponierst?
Um ehrlich zu sein: Ich war nie in der Situation, in der
ich keine Idee im Kopf hatte. Die Welt der Musik ist ein Satz
von unbegrenzten Variationen. Selbst wenn ich einen Titel
für einen Path-Song unter Zeitdruck in 2 bis 3 Stunden
schreiben musste, habe ich es immer irgendwie geschafft. Wenn
Du die richtige Harmonie und das richtige Gefühl hast,
dann schreibt sich Musik von selbst. Ich habe oft musikalische
Ideen, manchmal höre ich gut vorbereitete Kompositionen
in meinem Kopf, aber meistens vergesse ich sie wieder, bevor
ich sie umsetzen kann. Darum habe ich immer ein kleines Aufnahmegerät
dabei, in das ich meine Ideen rein pfeifen kann, um sie später
auszuarbeiten.
Eigene Musik zu schreiben ist ein Ventil für mich, um
Druck abzulassen, um meine eigene Persönlichkeit ohne
Kompromisse einfließen zu lassen. Glücklicherweise
findet sich mein eigener Stil auch auf den Soundtracks wieder.
Ich bestehe bei meiner Musik darauf, dass sie wie ein Teil
von mir ist.
Spiele-Soundtracks zu schreiben bedeutet, die richtige Balance
zu finden zwischen dem, der den Auftrg gibt, den Möglichkeiten
der Hardware, der Art des Spiels und meinen eigenen Ideen.
Es kam vor, dass Leute Musik, die mir gefiel, nicht mochten,
mich dazu zwangen, Teile neu zu schreiben - und diese Änderungen
waren unnötig und haben die Musik kaputt gemacht. Wenn
so etwas passiert, atmet man tief durch und versucht ,den
besten Weg für die Musik und die Bedürfnisse des
unmusikalischen Kunden zu finden, indem man die Regeln des
Komponierens mit einfließen lässt.
Waren die Soundtracks für Computer-Spiele
der Beginn der musikalischen Karriere? Wie bist Du zu dem
Job gekommen?
Vor acht Jahren fand ich eine Anzeige in einer Zeitung, wo
der musikalische Leiter von Novtrade (das ist der frühere
Name der Firma), Andras Magyari einen Komponisten suchte.
Ich habe mich um die Stelle beworben. Als Test musste ich
Musik für ihr Spiel Bloodliners
schreiben. Nach 3-monatiger Probezeit wurde ich fest angestellt
und arbeite immer noch für die Appaloosa Corporation
in der Multimedia-Abteilung als Komponist für Spiele-Soundtracks.
Bis jetzt habe ich an fast 25 Spielen mitgearbeitet.
Am stolzesten bin ich auf den Cinematics-Soundtrack zu Ecco the Dolphin: Defender of the Future,
wo Herausforderung und Vergnügen zusammen kamen. Ich
mag gespielte Szenen viel lieber, wo die Musik mit der Action
gehen muss, und wo starke Melodien die Charaktere des Films
berücksichtigen müssen. Manche Stile wie dramatische
Multi-Instrumental-Stücke liebe ich.
Ihr könnt Ausschnitte aus meiner Videospiele-Musik von
den Projekten Ecco the Dolphin: Defender
of the Future, Wacky Races,
Contra '96 & '97, Tiny Tank und Three Dirty
Dwarves unter http://www.besonic.com/draco
finden.
Für die Musiker unter unseren Lesern:
Welches Equipment verwendest Du?
Für die Videospiele-Musik sind meine Möglichkeiten
sehr eingeschränkt. Wenn ich könnte, würde
ich in einem gut ausgerüsteten Studio arbeiten mit vielen
professionellen Instrumenten und Live-Chören. Unglücklicherweise
stellt meine Firma das nicht zur Verfügung. Meine technischen
Bedingungen sind minimal. Meine Instrumente sind ein Korg
Trinity Plus, eine Roland JV-1080 Orchester- und Vocal-Erweiterung
und ein JV 1010. Für die Aufnahme verwende ich einen
Lexicon Harddisk-Recorder. Da ich nichts anderes habe, mache
ich all meine Musik mit dieser Ausrüstung.
Meine eigenen Alben War of Angels
und Real Nord wurden auch auf einem
Korg Trinity gespielt. Aber vor kurzem habe ich einen Roland
XV 3080 und einen Alesis QSR gekauft. Mein nächster Traum
ist eine Korg Triton :-)
Du veröffentlichst Deine Musik als "Laren
d'Or" und "Al Norder". Al Norder ist ein Anagramm von Laren
d'Or. Aber wer ist Laren d'Or? Warum hast Du diesen Namen
gewählt?
Als ich noch ein Teenager war, habe ich mir geschworen, dass,
falls ich je beschließen würde, meine Musik einem
breiteren Publikum als dem Kreis meiner engsten Freunde zu
präsentieren, den Namen Laren d'Or
verwenden würde, den einsamen Barden, meinem Lieblings-Fantasy-Helden.
Al Norder ist tatsächlich ein
Anagramm dieses Namens - ebenso der Titel des Albums Real Nord.
Da es da eine Art von "Bösem" in uns Künstlern
gibt, wollte ich heftigere Geschütze auffahren. Das mag
sich von den anderen Titeln, die meine Hörer von Laren
d'Or kennen, unterscheiden, es ist schwerer Crossover
von Instrumental Rock bis Progressive Electronica.
Du veröffentlichst fast alle Titel auf
mp3-Sites wie mp3.com oder besonic.com. Hast du keine Angst,
dass das die Leute davon abhält, deine CDs zu kaufen?
Zunächst einmal bin ich auf dem ungarischen Markt unter
dem Namen Laren d'Or mit meiner eigenen
Musik auf traditionellem Weg in Erscheinung getreten, bei
einer nicht-virtuellen Plattenfirma. Es gab keinen Sponsor,
die Plattenfirma konnte nicht einmal die grundlegenste Werbung
finanzieren. Wie auch immer, meine CD War
of Angels hatte einigen Erfolg im Ausland, und sogar
heute bekomme ich noch viele exzellente und wunderbare Kritiken.
Ihr findet sie in der Presse-Sektion auf meiner Homepage unter
http://www.larendor.homestead.com/.
Die ungarische Veröffentlichung von War
of Angels schien mir aber eine Straße ins Nirgendwo
zu sein, deshalb habe ich das aktualisierte Doppel-Album mit
zusätzlichen Titeln und das neue Real
Nord-Album bei MP3.COM veröffentlicht - es gibt
sie nur dort und sie können per Internet bestellt werden.
Auf diesem Wege können Leute, die neugierig auf meine
Musik sind, sehr leicht an beide Alben herankommen.
Vor einem Jahr habe ich ein weiteres Album fertig gestellt.
Es heißt Books und wird demnächst
veröffentlicht. Ich habe einen Vorvertrag dafür
mit einem der Majors, es wird deshalb wahrscheinlich bei einer
Plattenfirma erscheinen. Alles was wir jetzt tun müssen,
ist einen Sponsor zu finden, der die Kosten für Werbung
und Video übernimmt.
Die Arbeit von drei großen Science-Fiction-Autoren -
wie der Titel ahnen läßt - haben das Album beeinflußt:
Die Romane und Helden von Orson Scott Card (Ender’s Game, Speaker for
the Dead, Xenocide), Ian Watson (Inquisitor)
und Harrison Fawcett (The Legend
of the Cathedral) haben mir ein wundervolles, inspirierendes
Erlebnis vermittelt. Dieses Album zollt ihren Talenten Respekt.
Was sind Deine Erfahrungen mit den mp3-Plattformen? Welche
Vorteile bieten sie für Dich als Musiker?
Musik über Internet zu veröffentlichen bringt den
Künstler in eine Zwickmühle:
Auf der einen Seite schränkt es die Menge der möglichen
Hörer/Fans/Käufer ein - gerade in meinem Land, in
dem die Möglichkeiten für einen privaten Internetzugang
und die diesbezüglichen Gewohnheiten noch nicht so weit
verbreitet und natürlich sind wie in Westeuropa oder
den Staaten.
Auf der anderen Seite erweitert es die Grenzen oder schafft
sie sogar ab - der Künstler kann in der ganzen Welt zu
sehr niedrigen Kosten präsent sein.
Es gibt also Vor- und Nachteile mit diesen Plattformen -
jeder muss die richtige Balance finden.
Persönlich habe ich mit meinem Internet-Auftritt nur
sehr gute Erfahrungen gemacht - ich bekomme Tag für Tag
eine Menge E-Mails, Kommentare, Kritiken von überall
her, von der professionellen Musikindustrie wie von den Fans.
Was sind Deine Pläne für die Zukunft?
Was meine eigene Musik angeht, würde ich gerne endlich
das Books-Album bei einer Plattenfirma
veröffentlichen, da ich eigentlich schon am nächsten
arbeite :-)
Natürlich habe ich weitere Pläne: Ich habe angefangen,
in einem völlig neuen Genre zu komponieren, traditioneller
Swing (wie Glenn Miller). Wahrscheinlich wird sie unter einem
dritten Pseudonym erscheinen, wer weiß?
Interview geführt von Frank Korf
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