Der Name Mars Lasar wird hier bei uns bisher nur den Wenigsten etwas sagen.
Und das, obwohl Mars Lasar in den USA eine durchaus nennenswerte EM-Größe ist und
dort gerade sein bereits 5. Album (Titel "11.02") veröffentlicht hat.
Doch das Internet macht es mal wieder möglich. Weit entfernte Regionen rücken näher,
Trends und Szenen wachsen zusammen. Und so kam es auch, daß ich mehr oder weniger durch Zufall
vor einigen Monaten auf die Mars Lasar-Homepage
stieß. Von einigen Soundclips neugierig gemacht, nahm ich Kontakt mit dem Künstler auf
und hatte schon wenige Wochen später das Vergnügen, mir vier Mars Lasar-CDs intensiv
anhören zu können.
Und da erwarteten mich tatsächlich ein paar höchst interessante Kompositionen:
Angefangen von phantasievoller, treibender Elektronik bis hin zu bombast-orchestralen
Inszenierungen, die den Vergleich mit einem bekannten griechischen Großmeister durchaus
nicht zu scheuen brauchen. Auf halbem Weg zwischen Optical Image und Vollenweider,
irgendwo zwischen Megabyte und Vangelis, dann aber doch wieder völlig eigen - das ist
die Musik von Mars Lasar.
Aber wer genau ist nun dieser Mars Lasar? MEMI hatte Anfang Mai 1998 die Möglichkeit,
dem Künstler ein paar Fragen zu stellen ...
MEMI: |
Mars, hier in der deutschsprachigen EM-Szene ist Dein Name nicht sehr bekannt.
Sag doch bitte zu Beginn unseres Interviews einmal ein paar Worte zu Dir.
Wer bist Du? Wie alt bist Du? Wo lebst Du? Wie ist Dein musikalischer Werdegang?
| ML:
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Ich bin 34 Jahre alt und wurde in Deutschland geboren. Als ich etwa ein Jahr alt war zogen meine
Eltern nach Australien. Mit klassischem Klavier und Komposition begann ich dort dann meine
musikalische Karriere. Vor sieben Jahren hat mich Hans Zimmer eingeladen, mit ihm in Los Angeles zu
arbeiten, und seither lebe ich hier mit meiner Frau und meiner Tochter.
Klassisches Klavier habe ich viele Jahre lang studiert, aber Synthesizer zogen mich schon in
ihren Bann als ich 17 war. Ich hatte eine lokale Elektronikband namens "IQ", die ich aber
nach ein paar Jahren verließ, um eigener Wege zu gehen. Ich arbeitete in Australien ständig an
Kompositionen für Dokumentarfilme und als Soundprogrammierer/Designer auf dem Fairlight für Bands
wie die "Divinyls". Ich war lange Jahre "Hofkomponist" bei Fairlight und gab auch kreativen Input
für ihre R&D-Abteilung ab, als sie den CM II und CM III bauten. Meine Sequenzen wurden weltweit
bekannt, deshalb bekam ich auch die Gelegenheit, mit Hans Zimmer, Herbie Hancock und Seal zu
arbeiten. Hans hatte einen Fairlight und fragte mich, ob ich mit ihm am Soundtrack für
"Tage des Donners" [mit Tom Cruise, Anm. d. Übers.] arbeiten wolle.
Als ich an diesem Projekt arbeitete, traf ich Trevor Horn, der Seals erste Platte "Crazy"
produzierte, und er wollte mich für die Songs "Crazy" und "Killer" haben.
Ich hatte einige Musik-CDs fürs Fernsehen produziert und nutzte diese als Demo.
Schon innerhalb des ersten Monats nach dem Umzug nach Amerika hatte ich meinen ersten
Plattenvertrag. Seit ich hier lebe, habe ich mit vielen verschiedenen Künstlern gearbeitet.
Vor ein paar Jahren agierte ich als Produzent und Co-Autor für vier Songs auf Herbie Hancocks
"Dis Is Da Drum", und ich habe auch mit Wah Wah Watson und Siedah Garrett gearbeitet, die
"Man in the Mirror" von Michael Jackson geschrieben haben. Ich verbrachte sechs Monate in
Paris, um die letzte CD der französischen Künstlerin Liane Foly zu produzieren und machte
ein paar Songs für den Türken "Tarkan". Ich bekam Platin für einen Song, der auf dem Soundtrack
zu "Jason's Lyric" drauf war, und für Disney hatte ich einen Song auf "The Sixth Man".
Weiterhin arbeitete ich für verschiedene Fernsehserien wie "Baywatch". Vor ein paar Jahren hatte
ich die Gelegenheit, mit Keith Emerson von Emerson Lake & Palmer zu arbeiten. Ich holte Keith,
um mit mir den Titelsong für ein interaktives Videospiel zu schreiben. Eben habe ich ein Jahr
Arbeit mit anderen Künstlern wie Rick Dufay (früher bei Aerosmith), Jon Stevens (Australia's
Noiseworks) und John Sykes (früher bei Whitesnake) beendet. Jetzt bin ich gerade dabei, einen
Lizenzvertrag bei Earthtone für meine neue Platte "11:02" zu unterzeichnen. Christopher Franke
(Ex-Tangerine Dream) hat das Label vor ein paar Jahren aus der Taufe gehoben, und ich freue mich
schon, mit ihm auf meiner nächsten Veröffentlichung zusammen zu arbeiten.
| MEMI:
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Bist Du hauptberuflich Musiker oder hast Du noch einen anderen Beruf?
| ML:
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Ich lebe von der Musik, seit ich 14 bin. Ich spielte auf Hochzeiten, dann auf einem
Kreuzfahrtschiff. Für mein Alter habe ich eine Menge Geld verdient. Als ich bei "IQ" war,
stand es ums Geld nicht mehr so gut, und ich mußte oft sehr billig leben. Normalerweise
schlief ich bei Freunden auf dem Fußboden. Als ich bei Fairlight arbeitete, bemerkte ich,
daß ich mit meiner Lieblingsbeschäftigung finanziell überleben konnte, und
seither verfolge ich meine Musikkarriere. Anfangs gab Zeiten, in denen ich Teilzeit-Jobs
annehmen mußte, damit alles hinhaut, aber in den letzten 14 Jahren lief es gut
für mich.
| MEMI:
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Welche musikalische Grundbildung hast Du genossen?
| ML:
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Ich habe einen traditionell klassischen Background. Ich hatte private Klavierstunden
in Jazz, Klassik und zeitgenössischer Musik und studierte danach am Konservatorium
in Sydney, um einen Abschluß als klassischer Pianist und Komponist zu machen.
| MEMI:
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Spielst Du außer dem Keyboard (also dem Klavier) noch weitere Instrumente?
| ML:
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Meine Frau hat mir vor ein paar Jahren zu Weihnachten eine Gitarre geschenkt,
und ich habe mir das Spielen selber beigebracht. Zuletzt kam dann noch ein Baß
dazu. Es ist interessant, mit Instrumenten zu arbeiten, die du nicht kennst, weil die
Kenntnisse um Harmonie und Melodie eigentlich alles sind, was man für etwas
Wohlklingendes braucht. Manchmal mag ich es einfach, nicht zu wissen, was ich mache.
| MEMI:
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Wann und wie hattest Du zum ersten Mal den Kontakt mit der Elektronischen Musik oder
mit Synthesizern?
| ML:
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Elektronik hat mich immer fasziniert, aber sie mit Musik in Verbindung zu bringen schien
zu jener Zeit sehr weit her geholt. In der Schule experimentierte ich mit Kassettenaufnahmen
von Kurzwellensounds aus dem Radio. Es war zwar primitiv aber aufregend. Das Hauptmerkmal war
jedoch immer dieses eine Stück Klang, von Wiederholungen keine Spur. Währenddessen
spielten all die anderen Jungs draußen Fußball. Ich begann mit 13, Popvideos zu
schauen und war überrascht, welche Sounds von kleinen Vier-Mann-Bands kamen.
Kurz danach hatte ich einen Arp Odyssey in meinem Zimmer, den mir meine Eltern gekauft hatten.
Diese Maschine war so überwältigend, daß ich zuerst keinen blassen Schimmer hatte,
was ich damit anfangen sollte. Ich brachte ganze Nächte damit zu, an einem einzigen monophonen
Sound zu basteln, den man noch nicht mal abspeichern konnte. Bei einigen Nachforschungen geriet ich
an Roland, die alles boten, was ich zu diesem Zweck brauchte. Ich hatte einen CSQ-60 (Sequenzer
für 60 Events), einen Pro-Mars Synthesizer (duophon), einen SH101 String Synth, ein
Rhodes 73 E-Piano, einen Korg Synthesizer (ich erinnere mich nicht mehr an den Namen) und den
ersten programmierbaren Drumcomputer, den "Doctor Rhythm". Er hatte nur zwei Pattern, aber im
Gegensatz zu anderen Drummaschinen konnte man hier eigene Rhythmen erstellen. All das ergab
mein erstes elektronisches Orchester, verbunden über externe Clock-Impulse. Aber das war
nicht genug, ich brauchte mehr Power! Ich besuchte ein paar Messen und sah dort den
"König der Synthesizer", den "Fairlight Computer"!
Ich war mit IQ unterwegs und wir hatten gerade unsere Arbeit als Vorband von Mike Oldfield
beendet, aber ich mußte einen Job als Maler annehmen, um mich über Wasser halten
zu können. Zufällig war der Besitzer des Hauses, das ich streichen sollte, Vorsitzender
bei Fairlight. Ich erzählte ihm, daß ich Musiker bin, und er sagte, er sei bei Mike
Oldfields Konzert gewesen und habe es toll gefunden. Er fragte mich, ob ich nicht bei Fairlight
arbeiten wolle, und genau da fing der ganze Spaß richtig an. Sampling war in mein Leben
getreten und machte es theoretisch möglich, mir mein eigenes "echtes" Orchester und die
zugehörigen Arrangements schnell zusammenzustellen (das war sehr attraktiv für den
Klassiker in mir). Ich arbeitete stundenlang mit den Programmierern, die mir bis ins Detail
beschrieben, warum man Tremolo, Vibrato und Anschlagsdynamik brauchte und wie man das elektronisch
lösen konnte. Zu diesem Zeitpunkt bot der Fairlight nur eine wiederholbare Phrase (dargestellt
am Bildschirm) mit einer Samplingzeit von einer Sekunde bei 10 kHz. Man konnte dabei bis zu acht
Samples erstellen und über eine der acht Karten im Mainframe spielen.
| MEMI:
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Wer sind Deine musikalischen Vorbilder?
| ML:
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Ich wurde von einer Vielzahl von Künstlern beeinflußt, darunter
Tangerine Dream, Kraftwerk, Mike Oldfield, Emerson Lake & Palmer, Genesis,
Led Zeppelin, Herbie Hancock, Peter Gabriel und Beethoven, um nur ein paar zu nennen.
Zuletzt waren es William Orbit, Portishead, Tricky, Neneh Cherry, Deep Forest und Enigma.
| MEMI:
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Kennst Du die europäische Elektronik-Szene?
| ML:
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Nicht so gut wie ich gerne würde. Als ich an meinem letzten Projekt in Paris arbeitete,
stellte ich fest, daß die Europäer in ihrem musikalischen Geschmack nicht so
festgefahren sind wie in den Staaten, wo alles in Schubladen gesteckt wird und stereotyp ist.
| MEMI:
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Was hältst Du von der sogenannten "modernen" Elektronik, also House, Trance,
Ambient & Co.?
| ML:
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Die Idee, seltsame und farbige Klänge mit einem regelmäßigen Beat zu
kombinieren, ist nicht neu, lediglich die Werkzeuge wechseln und spiegeln die derzeitige
elektronische Weiterentwicklung. Das Instrumentarium, das uns heute zur Verfügung
steht, ermöglicht uns Dinge, von denen wir noch vor 10 Jahren nur träumen konnten.
Trance, Ambient, Trip-Hop etc. vermischen sich schnell mit dem Mainstream, und ich glaube,
Künstler und Labels suchen nach etwas anderem bei der Produktion ihrer Songs als gerade
so am Rande des Akzeptablen zu bleiben. Es ist toll, wenn man auf der kreativen Seite sein
darf, weil man einen Brotberuf haben und gleichzeitig ein bißchen abenteuerlustig sein
kann.
Wäre es nicht prima, wenn die Soundbastler in Zukunft keine CDs sondern Luft pressen
könnten, damit die Sounds sich in deiner Umgebung verbreiten? Das würde bedeuten,
man würde in der Musik leben, d.h. man hört sie nicht, man fühlt sie!
| MEMI:
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"Mars Lasar" ist doch sicherlich nicht Dein richtiger, bürgerlicher Name.
Wie kam es zu diesem Künstlernamen bzw. was hat es damit auf sich?
| ML:
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Du kannst das glauben oder nicht, aber ich habe mir meinen Namen gar nicht selbst ausgesucht,
es waren meine Klassenkameraden in der High School. Ich war süchtig nach diesen
Mars-Schokorieglen, und weil ich so viele davon aß, nannten die Kinder mich Mars.
Das ist hängengeblieben, und jetzt habe ich mich so daran gewöhnt, daß
ich schon auf gar nichts mehr anderes höre.
| MEMI:
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Dein Album "Olympus" war der "Soundtrack" zu den Olympischen Spielen 1992 in
Albertville. Wie kamst Du zu der Ehre, diesen Soundtrack komponieren zu dürfen?
| ML:
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Der Herausgeber, der mit meiner Plattenfirma zusammenarbeitet, schickte
CBS die "Olympus", und sie mochten sie so, daß sie sie auf ihre
Playlist setzten. Bei den diesjährigen Olympischen Spielen in Japan lief
das chinesische Eiskunstlaufpaar zu zwei meiner Stücke. Man hatte mir
nichts davon gesagt, und ich war angenehm überrascht, meine Musik aus
dem Fernseher kommen zu hören, während sie ihre Runden drehten.
Leider haben sie nicht gewonnen, aber ich glaube nicht, daß sie mir die
Schuld gaben ...
| MEMI:
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Auf irgendeinem Deiner CD-Cover habe ich gelesen, daß von "Olympus" über 50.000 Alben
verkauft wurden. Das ist ja schon eine ganz ansehnliche Menge. Ein Nobody
kannst Du also wohl nicht mehr sein ...
Wie hoch schätzt Du selbst Deine Popularität in den USA ein?
| ML:
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Mein Bekanntheitsgrad ist schwer festzumachen, weil ich nicht auf Tour und nur bei einer
kleinen unabhängigen Plattenfirma unter Vertrag war. Meine Website hat jede Menge
Besuche, und meine CD "Eleventh Hour" machte sich im Radio wirklich gut. Sie kletterte
auf Position 11 in den Billboard NAC Charts. Das einzige Konzert, das ich gab, war
im China Club in Chicago, und der Saal war brechend voll. Das ist ein gutes Zeichen.
Auf meinen letzten Platten kam ich etwas vom radiotauglichen Sound ab, entsprechend wenig
Airplay hatte ich, aber "Olympus" und "Eleventh Hour" werden immer noch überall gespielt.
Ich kriege eine Menge Fanpost, nicht nur aus Amerika, sondern aus aller Welt. Die meisten
Ausländer kaufen meine CDs entweder online oder per Mailorder und Katalog, weil ich
bisher keinen internationalen Vertrieb hatte. Hoffentlich ändert sich das noch.
| MEMI:
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Deine neueren Alben ("The Music of Olympic National Park", "Escape") klingen i.a. ruhiger,
besinnlicher und sehr viel akustischer als z.B. "Olympus" oder "The Eleventh
Hour". Spiegelt das Deine Stimmung wieder oder wie erklärst Du diesen Trend?
| ML:
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Mir wird langweilig, wenn ich zu lange bei ein und demselben Format bleibe,
weil ich gerne mal ausschere und andere Felder beackere. Diese Platten haben
mir das erlaubt, aber meine neue Platte geht zurück in Richtung "Eleventh Hour".
| MEMI:
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Viele Deiner neueren Werke sind außerdem sehr orchestral angelegt. Wieviele der Naturinstrumente,
die man dort hört, sind echt und wieviele kommen aus der "Konserve", also aus einem
Synthy oder Sampler?
| ML:
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Ich besitze zwei Synthesizer und einen Macintosh, vollgestopft mit SampleCell-2 Karten und ProTools.
Früher war es schwer und teuer, an Samples zu kommen, aber heutzutage kannst du zum Musikladen
um die Ecke gehen und fix und fertig bearbeitete Aufnahmen für deine Keyboards auf CD oder
CD-ROM kaufen. Die Libraries sind akkurat und sehr brauchbar. Ich habe genug RAM auf meinen Karten,
um so viele Samples zu spielen, wie ich will. Sampling heißt nicht mehr Zwei-Sekunden-Schnipsel
von Bass Drums und Snares zu verwenden, sondern sind ausgesuchte Aufnahmen, die man nach Wunsch an
jeder Stelle in einem Musikstück einsetzen kann. Für Drums benutze ich abgemischte
Live-Einspielungen, die auf einen Takt plus Fill-Ins zusammengeschnitten werden. Musiker
bemühe ich nur, wenn ich eine ganz bestimmte Aufnahme extra für einen speziellen
Song brauche, so geschehen in Sapphire Dreams. Danach nahm ich das Klavier auf, legte die
Samples im Computer ab und verpackte die Einspielung in die Orchesterparts aus meiner Library.
Auf "Eleventh Hour" brauchte ich ein paar Stimmen und gabe den Text daher ein paar Freunden und
nahm sie auf meinen tragbaren DAT-Rekorder auf. Dann transferierte ich die Aufnahmen ins RAM und
verteilte sie über das Stück. Eine Prozentangabe ist schwierig, weil mein akustisches
Material aus meinen Samplern und das elektronische aus den Synthesizern kommt.
| MEMI:
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"The Music of Olympic National Park" lebt ja unter anderem von den vielen
Naturgeräuschen, die unter die Musik gemischt sind. Die Geräusche, die man dort hört,
klingen erstaunlich authentisch. Hast Du die selbst aufgenommen oder stammen die einfach
von einer guten Sampling-CD?
| ML:
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Für dieses Projekt brauchte ich Aufnahmen, die zu der Umgebung paßten, die ich
beschreiben wollte. Ich mußte dafür einiges an Nachforschungen anstellen und
hatte zwei Möglichkeiten: 1. Geh' in den Park und nimm all die Sounds auf oder
2. Finde die Sounds auf CD. Ich war erstaunt, was es alles auf CD gab, und so kaufte
ich sie alle und wühlte mich durch. Nach ungefähr zwei Wochen sampelte ich
die passenden Klänge für jeden Teil des Parks.
| MEMI:
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Welche Geräte verwendest Du vorrangig, um möglichst authentische Naturinstrumenten-Sounds
zu erzeuen? (- jetzt mal abgesehen von den tatsächlichen Naturinstrumenten! ;O)
| ML:
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Was ich brauche, ist ein Satz guter Mikrophone, ein gutes Aufnahmegerät und eine
solide CD-ROM-Sammlung. Für Akustiksounds nehme ich keine Synthesizer.
| MEMI:
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Welche drei Synthesizer (bzw. Sampler, etc.) setzt Du grundsätzlich am häufigsten ein?
| ML:
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Ich benutze den Roland JD-800 für breite Stereoflächen, den Nord Lead
für die eher antiquierten Synthsounds und Digidesigns SampleCell-2 für
alle Samplingaufgaben.
| MEMI:
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Wie gehst Du vor, wenn Du einen Song schreibst? Womit fängst Du an?
| ML:
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Normalerweise fange ich mit einem Gerüst an, das die Richtung grob vorgibt.
Abseits der üblichen Pfade heutiger Musik (die ich möglichst vermeide)
sind die danach folgenden Schritte schwer zu beschreiben, weil der Vorgang von alleine abzulaufen
scheint; das ist die Magie der Kunst. Manchmal wache ich morgens um Vier auf, renne
hinunter ans Klavier und spiele einen Song, den ich im Traum komponiert habe.
Am nächsten Tag nehme ich davon eine Skizze in den Computer auf und lege
sie beiseite, bis ich sie brauchen kann, und das kann Wochen oder Jahre dauern.
Oft schreibe ich einen Song und schweife mittendrin plötzlich ab und mache
ein total anderes Stück daraus. Ich lege das dann beiseite und benutze es
später als Grundlage für einen neuen Song. Das klingt verwirrend, aber
der Trick ist, alle guten Ideen bei ihrem Auftauchen aufzunehmen. Laß sie
niemals an dir vorbeiziehen!
| MEMI:
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Komponierst Du auf dem Papier, am Klavier oder direkt am Sequencer?
| ML:
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Ich bin auf keinen Weg festgelegt, und es kommt wirklich darauf an, an welchem
Instrument ich sitze. Ich habe mit vielen Künstlern und Komponisten gearbeitet,
die alle verschiedene Methoden haben. Ich tendiere dazu, mit dem Strom zu schwimmen.
| MEMI:
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Arbeitest Du grundsätzlich viel mit dem Sequencer oder eher mit Mehrspur-Recording-Systemen?
| ML:
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Digital Recording hat die Industrie verändert, und ich muß zugeben, daß
es mehr Spaß macht als die althergebrachte Methode (2"-Analogaufnahme). Ich
schaue immer auf die Arbeitsgeschwindigkeit, und ich würde alles tun, um die
Magie auf Band oder Festplatte zu bannen. Wenn eine Aufnahme einen warmen Klang haben
soll, nehme ich auf Analogband auf und übertrage sie auf meinen Computer für
weitere Bearbeitungen, Tonhöhen- oder Längenkorrektur, kopieren und einfügen.
An diesem Punkt wird das Ganze interaktiv.
| MEMI:
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Produzierst Du Deine Titel alle selbst bis zur CD-Reife oder läßt Du extern nachproduzieren und/oder
mastern?
| ML:
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Bei meinen eigenen CDs mache ich fast alles selbst, einschließlich
Komposition, Einspielung, Programmierung, Abmischung und Produktion. Hin
und wieder nehme ich einen Live-Musiker oder einen Co-Autor hinzu, aber
das ist selten und macht nicht viel von der Gesamtaufnahme aus. Allerdings
nehme ich für das Mastering ein anderes Unternehmen in Anspruch, ganz
einfach weil ich zu nahe an meiner Musik dran bin und es manchmal gut ist,
eine objektive Meinung zu bekommen. Wenn ich mit anderen Künstlern arbeite,
variiert meine Mitarbeit. Falls ich in ein anderes Studio gehe, nehme ich
Frank Rosak, meinen Mischer, und einen zweiten Mann mit, damit ich mich auf
die Performance des Spielers oder Künstlers konzentrieren kann.
| MEMI:
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Machst Du außer der Musik unter dem Mars Lasar-Label auch noch andere Musik
(andere Stilrichtungen)?
| ML:
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Ja, ich sehe ich mich immer nach neuer Arbeit um, und in den letzten Jahren habe ich viel
Zeit damit verbracht, mit neuen Komponisten, Textern und Künstlern zusammenzuarbeiten.
Die Stile bewegen sich zwischen R&B Pop, Alternative Pop, Rock Fusion, klassischem Pop und
Ambient. Ich habe auch einen Katalog mit über vierhundert Titeln, einschließlich
Produktions-CDs fürs Fernsehen, Firmenvideos und andere Post-Production-Anwendungen.
Ich habe auch für Dokumentationen gearbeitet, manchmal habe ich die Musik gemacht,
ein andermal wieder nur das Sounddesign. Auch habe ich die Soundtracks für sechs
interaktive Videospiele kreiert. Ich habe drei Meditations-CDs und ein CD-Set speziell
für Babys herausgebracht. Kürzlich habe ich drei Stücke für die
weltberühmte Hellseherin Colette Baron Reid geschrieben. Jedes Stück basiert
auf einem bestimmten Gefühl (d.h. Liebe, Intuition etc.), und obwohl der erste Mix Pop
ist, ist der zweite Mix jedes Songs ein Meditationsstück.
| MEMI:
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Was sind Deine musikalischen Pläne für die nächsten Jahre?
| ML:
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Ich habe so viele Pläne, daß ich ihnen die Hälfte der Zeit gar nicht
nachgehen kann. Ich sehne mich so nach Vielseitigkeit, daß es unheimlich schwer
ist, sich auf ein Ding zu konzentrieren. Somit sieht meine Zukunft aus wie eine
Landkarte mit tausenden von Markierungsnadeln. Ich denke, ich bin glücklich,
wenn ich weiterhin meine eigenen Platten herausbringen kann und frei bin, jeden
Song draufzutun, den ich gerne hätte. Ich werde aber auch Produktion und
Songwriting weiterverfolgen und mit etablierten oder neuen jungen Künstlern
arbeiten und deren Richtung und Stil weiterentwickeln. Mein größter Traum
wäre es, ein top Studio zu besitzen, wo ich alles zu Hause machen könnte,
und am liebsten hätte ich einen festen Vertrag mit einem Label. Wenn ich bei einer
Plattenfirma unterschreiben könnte, die die CDs meiner Zöglinge herausbringt,
würde das meine Wünsche weitestgehend erfüllen. Ich würde auch
gerne eine Tour machen, aber es müßte schon eine große Produktion
sein, die es mir ermöglicht, all meine Klänge auch auf der Bühne zu
reproduzieren.
| MEMI:
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Vielen Dank, Mars!
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Diskographie
Solo-Alben:
- 1991: Olympus
- 1992: The Eleventh Hour
- 1995: Escape
- 1996: Olympic National Park
- 1997: Sapphire Dreams
- 1998: 11:02
OMNI Magazine collection:
- Compilations 1993/4
- MindScapes - 3 CD relaxation series 1996
- BabyScapes - 2 CD relaxation series specifically for babies 1996
Compilations / andere Künstler:
- Divinyls (1987)
- Seal (1990)
- Herbie Hancock (1994)
- Sovory (1993)
- John Sykes (1997)
- Tarkan (in Produktion)
- Rick Dufay (in Arbeit)
- Jon Stevens (in Arbeit)
- Alisa Carroll (kurz vor der Herausgabe)
- Ayman (1998)
- Colette Baron Reid (in Arbeit)
Mars Lasar's Musik kann bezogen werden bei:
Weitere ausführliche Infos, Soundclips und mehr gibt's auf der offiziellen Mars Lasar-Homepage:
http://www.marslasar.com/.
Das Interview führte Martin Rothhaar im
Mai 1998 per EMail.
Vielen Dank an Christian Baum für die Übersetzung!
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