Interview mit Guido Negraszus

Guido Negraszus

Guido Negraszus
Rheinblick Str. 68
53616 Rheinbreitbach

negraszus@aol.com
http://www.guidonegraszus.de

Interview:
Datum:20.06.1998
Ort:Essen (Schwingungen-Club-Grillfete)
Interviewer:Frank Korf

Discographie:

MEMI:

Guido, Du hast jetzt gerade hier ein Konzert gegeben. Du hast ziemlich viel aus Deiner neuen CD Memories & Dreams gespielt. Erzähl doch mal ein bißchen was zu der CD. Wie ist die zustande gekommen?

Guido:

Ich habe sehr lange an der CD gearbeitet, gut 1 ½ Jahre. Ich wußte anfangs, wo ich angefangen hatte, 1996, noch gar nicht so genau, was ich genau machen will, was für ein Thema. Ich habe dann sehr schnell gemerkt, daß mich doch noch die landschaftlichen Seiten Australiens beschäftigt hatten. Ich glaube, da habe ich noch einen Großteil der Inspiration rausholen können.
Viele werden jetzt sagen, es gab schon The Black Swan, aber das ist ein Unterschied: Das war ja eine Platte, die sich mehr um Sydney drehte, wo ich ja sehr viel in der Stadt gelebt habe, Live-Musik erlebt habe.
Memories & Dreams ist eine sehr ruhige, entspannende Musik, melodiöse Musik, die einlädt zum Reisen.

MEMI:

Für diejenigen, die Dich nicht so kennen, muß man jetzt glaube ich mal kurz sagen: Du warst mehrere Jahre unterwegs in der Welt, vor allem in Australien?

Guido:

Ja, ich war in Australien, in Südostasien - in Malaysia und Singapur. Aber hauptsächlich, die längste Zeit, war ich in Sydney und habe dort Tontechnik studiert und Tonmeister-Abschluß gemacht.
Sydney hat mich sicher sehr beeinflußt - positiv. War eine phantastische Zeit.
Davor habe ich aber auch schon 3 CDs gemacht, zwischen 1990 und 92. Gut, ich bin dann ein bißchen in Vergessenheit geraten. Klar: 4 Jahre habe ich nichts mehr von mir hören lassen. Und dann kam ich ja mit The Black Swan wieder zurück.

MEMI:

The Black Swan war ja eine sehr rockige, jazzige CD. Memories & Dreams - Du sagtest es ja selber schon - ist sehr ruhig, melodisch. Ist das jetzt der neue Guido Negraszus?

Guido:

Weiß ich nicht. Ich habe eigentlich sehr viel schon gemacht. Wenn Du meine Discographie mal so durchhörst, daß ich mit Crossroads schon eine sehr elektronische CD gemacht habe. Sun of the South war eigentlich schon eher wie Memories & Dreams, vielleicht ein bißchen rhythmischer. Mein Stil war immer sehr vielseitig. Aber immer die Melodie im Vordergrund. Es wird keine 30 Minuten-Sequenzen jemals von mir geben - ich kann's mir nicht vorstellen. Das ist nicht mein Stil. Ich lege sehr viel Wert auf eine Komposition, würde ich mal sagen. Ich meine, gut, die andere Elektronische Musik ist natürlich auch Komposition, aber in einem anderen Stil. Ich mag halt Melodien, Harmonien. Was das rockige, jazzige auf der Black Swan anbelangt, so ist das natürlich auch viel von Sydney beeinflußt, weil ich sehr viel im Studio auch mit professionellen Musikern zu tun hatte, die ja dann auch auf der Black Swan mitgespielt haben. Das war natürlich eine ganz andere Zeit. Vielleicht gibt's sowas mal wieder von mir, dann müßte ich aber auch wieder mit solchen Musikern zusammen arbeiten - und das mache ich im Moment nicht.
Und Memories & Dreams: Ich war ja 6 Wochen im australischen Outback, in der Wüste. Da trifft man manchmal drei, vier Tage keine Menschen. Da kann ich keine Rockmusik machen. Das ist für mich die Musik darauf, auf Memories & Dreams. Mit der lebe ich dann auch, wenn ich Memories & Dreams mache.

MEMI:

Du erwähntest gerade: Du hast Musik gemacht mit Musikern im Studio. Wie bist Du überhaupt mit denen zusammengekommen? Das sind ja wahrscheinlich keine Leute, die mit Elektronischer Musik zu tun haben?

Guido:

Ich habe ja wie gesagt Tontechnik studiert. Ich habe natürlich darüber hinaus auch sehr viel in anderen Studios gemacht, und da kommt man zwangsläufig auch mit anderen Musiker zusammen. Ich habe ja dann noch eine CD produziert für den Claus Bockstandt - ist ja eigentlich auch bekannt - oder, jetzt auch nicht mehr so aktuell, aber da kam das auch, weil er viel mit Musikern machen wollte und ich zu diesem Zeitpunkt auch schon viele Musiker kannte in Sydney. Und da hatte ich ja dann die CD Lumania auch gemacht. Ja, und so lernt man einen Musiker nach dem anderen kennen. Wie gesagt, ich bin Toningenieur, ich bin viel im Studio, da lernt man die zwangsläufig kennen.

MEMI:

Memories & Dreams - das ist jetzt Vol. I. Wie geht's weiter?

Guido:

Wir hatten ja hier in dem Konzert heute schon ein Stück aus Vol. II gehört - The Memories of the Blue Garden - die kommt in Oktober. Sie ist noch nicht ganz fertig, vielleicht zu 80 %. Bei den letzten zwei, drei Stücken weiß ich noch nicht so genau, was ich da jetzt mache. Aber der große Einfluß ist hier eigentlich aus Singapur und Malaysia. Ich verwende dort einige asiatische Original Samples, wie z.B. chinesische Zupfinstrumente oder asiatische Flöten etc. Aber auch im Stile von Memories & Dreams. Es ist schon eine Fortsetzung, aber in einem anderen Land.

MEMI:

Und Volume II ist dann die letzte aus der Reihe?

Guido:

Weiß ich noch nicht. Ich habe noch so viel aus Afrika. Vielleicht kommt noch eine Volume III. Es könnte aber auch sein, daß Volume III eine Best of meiner ersten Werke wird. Blue Garden ist jetzt ausverkauft. Ich weiß nicht, ob ich die noch mal neu auflege, oder ob ich jetzt davon Stücke auf die Volume III nehme für die, die meine ersten CDs noch nicht haben. Das sind so Ideen.

MEMI:

Also praktisch so als Bonus-Titel?

Guido:

Genau. Crossroads war ja auch viel beeinflußt von Afrika, wo ich in Kenia war. Da könnte ich mir dann auch Stücke von vorstellen auf der Memories & Dreams Vol. III. Entweder in der Version oder in einer neu aufgemachten Version.

MEMI:

Crossroads, Afrika: Was war da der Anlaß? War das eine Urlaubsreise?

Guido:

Das war zunächst eine Urlaubsreise, 3 Wochen. Ich bin dann aber noch mal wieder gekommen, weil ich da eine Dame kennen gelernt hatte (lacht). Jedenfalls war ich das zweite Mal privat da, aber... Ich habe da nicht gelebt, wie in Australien. Ich habe dort auch eine Safari gemacht, die mich sehr geprägt hatte damals. Die Safari ist aber eigentlich mit Crossroads schon abgehakt, die hat mich sehr beeindruckt. Ein phantastisches Land, und ich bin sicher, ich war nicht das letzte Mal in Kenia.

MEMI:

Die letzten CDs haben jetzt eigentlich alle von Deinen Reisen erzählt, musikalisch. Mußt Du reisen, um Musik zu machen? Oder wie sieht's aus, wenn Du mal länger in Deutschland bist?

Guido:

Ja, das weiß ich auch nicht. Ich muß sagen, mit Memories & Dreams hätte ich auch nicht gedacht, daß ich mich so in dieses Australien, was ja auch schon drei, vier Jahre zurückliegt, noch reinversetzen kann, aber es geht. Man arbeitet sehr viel auf. Wenn man zwei Jahre so etwas erlebt hat, so viel positives, das kann man gar nicht sofort umsetzen. Ich bin kein großer Deutschland-Fan, um daran mal anzuknüpfen. Ich lebe hier, weil ich hier geboren wurde. Aber ich wäre lieber in Australien geboren worden. Deswegen weiß ich nicht, ob ich jetzt auch für immer hier bleibe. Es gibt da schon noch Gedanken. Aber nicht unbedingt Australien. Südost-Asien mag ich auch sehr gerne.
Aber es ist richtig - um die Frage zu beantworten - ich lasse mich hauptsächlich von Reisen inspirieren. Ich habe ja damals auch in Bayern und der schwäbischen Alb gelebt, die Landschaften dort haben auch ihre Spuren in meiner Musik hinterlassen. Also so ist es nicht.
Aber ich mag so die Südsee-Atmosphäre. Australien liegt da am Pazifik auf der einen Seite, auf der anderen Seite am Indischen Ozean. Da sehe ich sehr viel drin. Aber wie gesagt, es kann jedes andere Land sein, wo es schön ist. Aber Reisen müssen sein.

MEMI:

Vielleicht kommt's ja noch dazu.
Wie sieht das denn überhaupt aus? Verkaufst Du noch Musik in die Regionen, in denen Du jetzt gewesen bist?

Guido:

Du meinst im Ausland? Sagen wir mal so: Ich bin jetzt im Gespräch mit einigen ausländischen Distributoren.
Aber es ist schon so: Mit dieser Art Musik - Elektronische Musik, New Age Musik, da muß man sich schon sehr selbst drum kümmern. Du mußt live spielen, Du mußt die CDs selbst verkaufen, Du mußt alles selbst machen, Du mußt präsent sein. Ich habe in Australien sehr gut CDs verkaufen können. Ich bin da auf den Markt gegangen - was ich mir hier in Deutschland gar nicht vorstellen könnte -, ein ganz normaler Wochenmarkt, und da konnte ich sehr gut verkaufen. Ich habe einfach im Getto-Blaster spielen lassen. Die haben gesagt „Wow! Das ist von Dir?“. Natürlich: Man muß dann da selbst bei stehen und denen das dann auch verkaufen. Aber das hat sehr gut geklappt, und da habe ich sehr viel verkauft. Aber das müßte ich wieder vor Ort in Australien machen. Aber so gesehen habe ich da jetzt keine Möglichkeiten, in Australien CDs zu verkaufen, weil der Markt auch nicht so groß ist. Man muß da wirklich schon selbst da sein.

MEMI:

Also ist hier für Dich im Moment so der Hauptmarkt?

Guido:

Ja. Gut, natürlich Holland, England, Europa. Ich habe jetzt auch eine sehr professionelle Vertriebsfirma, BMG/Ariola. Die haben einen Vertriebszweig ARIS, wo man eben von kleinen Labels die Musik auch in die Plattenläden bringt. Somit ist das ganz abgedeckt. Und was die ganzen internationalen Geschichten anbelangt, da arbeite ich jetzt dran. Aber ich werde nicht drumherum kommen, eine kleine Rundreise zu machen. Gerade Amerika und Japan interessiert mich.

MEMI:

Ja siehst Du: Dann bist Du wieder auf Reisen und kannst wieder Musik schreiben!

Guido:

Genau! (lachen)

MEMI:

Du hast jetzt heute ein Konzert gegeben, wirst nächste Woche noch ein Konzert geben. Werden wir Dich noch öfter live hören?

Guido:

Ich werde jetzt wie gesagt nächste Woche in der Eifel spielen. Ich plane ein richtiges Konzert in der Halle mit der Volume II. Ob das noch dieses Jahr klappt, weiß ich nicht. Ich plane das zwar, aber da muß ich mal sehen, wie das mit der Bühnenshow aussieht. Ich will da auch mit Videos arbeiten, ich habe sehr viele Videoaufnahme aus Australien. Ich habe einen sehr guten Freund in Sydney, mit dem ich noch sehr viel in Kontakt bin, der ist Hobbyfilmer. Der hat mir sehr schöne Aufnahmen geschickt. Und meine eigenen von der Outback-Tour, aber das muß noch geschnitten werden. Das wird wahrscheinlich der Wolfgang Bock machen, der ist ja auch bekannt, der hat ja sowas. Dann wird das ein richtiges Konzert noch geben, aber wie gesagt: Ich weiß nicht, wann das ist. Ich hatte ursprünglich mal eine kleine Tour geplant, aber dafür ziehe ich nicht genug Leute, das muß man realistisch sehen.

MEMI:

Ich glaube, das Problem haben wohl viele in der Szene hier.

Guido:

Deswegen wird es ein Konzert geben. Das werde ich von langer Hand ankündigen, damit da auch einigermaßen eine Chance besteht, daß die Halle gefüllt wird. Und damit ist dann auch das Thema Memories & Dreams abgehakt.

MEMI:

Ja gut, dann sind wir gespannt. Ich danke Dir noch mal fürs Interview. Danke.

Guido:

Ja, ich danke Dir. Schönen Gruß an alle Internet-MEMI-Leser!